MusicManiac Top 10

MusicManiac Top 10 - Soundtrackkompositionen 2

Ganz wie erwartet, wurde natürlich umgehend verlangt, die von mir vorgeschlagene zweite den Soundtrackgroßtaten dieser Welt gewidmete Top 10 gefälligst auch noch zusammenzustellen. Und weil es eben schon eine Schwesterliste gibt, erübrigt sich netterweise der ganze einleitende Sermon, abgesehen von der erneuten Erklärung, was denn überhaupt drin sein darf: Nun, generell einmal höchstens ein Track pro Film und nicht mehr - tatsächlich, wie sich herausstellen sollte, eine unnötige Regel. Und dann alles, was entweder für einen Film original komponiert wurde, dafür neu aufgenommen oder neu zusammengestellt bzw. remixt wurde. Dementsprechend sind ein paar geniale Filmminuten wie die mit Iggy Pops Lust For Life in "Trainspotting" oder mit Elliott Smiths Angeles in "Good Will Hunting" schon einmal a priori nicht verfügbar gewesen. Los geht's also!

 

erstellt am: 12.01.2019


10.

 

Sighs

 

Suspiria

Goblin
1977

 

Bis heute der einzige von mir gehörte und sogar reviewte Soundtrack, dessen dazugehörigen Film ich bisher noch nicht gesehen habe. Umso bemerkenswerter ist es, wie ausdrucksstark und in gewisser Weise bildgewaltig die von der italienischen Prog-Rock-Band Goblin eingespielte Musik trotzdem ist. Noch dazu ist es ein eigenwilliger Zugang zum mystischen Horror, den sich die Band erlaubt. Relativ klischeebefreit, dafür mit trockenem Gitarrengeschrammel, schrillen Mandolinenklängen und gespenstischem im Hintergrund verbleibenden Hauchen und Heulen, wo sonst Gesang zu erwarten wäre. Diese Mischung macht aus Sighs etwas gleichermaßen Beklemmendes wie Kunstvolles, wobei man ziemlich sicher sagen kann, dass der Horror einem eher entgegenspringt als die hohe Kunst. Anders sollte es aber auch nicht sein.

9.

 

Davy Jones

 

Pirates Of The Caribbean: Dead Man's Chest

Hans Zimmer
2006

 

Hans Zimmer war zwar irgendwann im Hollywood-Kino so präsent, dass man ihn kaum noch mögen konnte - ich erkenne da Parallelen zu Phil Collins -, an meinen Sympathien für ihn hat das auch wegen einer emotionalen Distanz zur vermeintlichen Integrität der Film- und Soundtrackwelt und einem latenten Desinteresse an den Abläufen des Hollywood-Kinos wenig geändert. Der Deutsche ist zwar ohne jeden Zweifel oft genug elendiglich anstrengend und weiß kaum einmal, wie er mit seinen paar Motiven, die er für einen Film schreibt, ohne Pomp und Gloria irgendwas machen soll, allerdings ist er eben auch der Meister des epochalen Kitschs. Und dieser Begriff klingt noch dazu weit schlechter, als es die damit beschriebene Musik tut. Davy Jones beispielsweise ist mit der Gegenüberstellung kleinlauter Spieluhrtöne einerseits und dickwandigen Orgelklängen andererseits natürlich ein einziges Gimmick. Aber ein geniales, spätestens an dem Punkt, wo diese kleine, feine Melodie durch die wuchtige Orgel und die assistierenden Streicher zu einem Lautstärkepegel gebracht wird, dass man daheim die Gläser episch klirren lassen kann, wenn man es denn nur möchte.

8.

 

Warlord

 

Lord Of War

Antonio Pinto
2005

 

Ein gewaltiger Stilbruch, weil sich Antonio Pinto zwar durchaus auch auf eine Art der Melodramatik versteht, allerdings das in einem zurückhaltenden, melancholischen und musikalisch minimalistischen Stil. Der Soundtrack zu "Lord Of War" verdeutlicht das auf großartige Art, am allerbesten mit dem finalen Warlord, das die triste Einsamkeit, die die letzten Minuten des Films kennzeichnen, ideal einfängt. Natürlich am besten in der ersten Hälfte des Tracks, die nichts als glasklare, atmosphärisch starke Akustikakkorde bietet, allerdings durchaus auch mit dem Anschwellen der Streicher und der hellen Klaviertöne, die zwischenzeitlich dominieren. Der Gesamteindruck ist ein einsamer, aussichts- und auswegloser, ohne dabei auf ein bisschen an cineastischen Zugeständnissen zu machen und sich ein wenig der klanglichen Dramatik hinzugeben.

7.

 

I'm Still Standing

 

Sing

Taron Egerton
2016

 

Ich hadere mit der Entscheidung, das Cover eines Elton-John-Song aus einem Animationsfilm wirklich hier hereinzuschmeißen. Allerdings liegt die vorteilhafte Mixtur, die sich einem hier präsentiert, eigentlich auf der Hand. Hier ein großartiger Pop- und Rock-Songwriter, der schlicht und einfach in den 80ern einem potenziell großartigen Song nicht die passende stilistische Form gegeben hat, dort der dank der präsenten Bläser und geschliffenen Riffs immer noch an die 80er erinnernde, aber trotzdem ungleich lebendigere Sound eines Films rund um die Musik. Dass der Sänger Taron Egerton heißt, wirkt im ersten Moment nicht gar imposant, wobei sich das ändern könnte, wenn der erst im neuen Jahr ausgerechnet Elton John in dessen Biopic verkörpern darf. Auf alle Fälle singt er überraschend stark und wird vom fülligen Arrangement nicht nur nicht erdrückt, sondern hält dem Vergleich mit dem britischen Songwriter durchaus Stand.

6.

 

R.W.B.Y. Vs. F.N.K.I.

 

RWBY: Volume 3

Jeff Williams
2016

 

Wir bleiben gleich in der animierten Welt, begeben uns aber zum ersten und einzigen Male auf die Serienebene. Dort findet sich jetzt so manch genialer Moment und der Freund animierter Genialität in mir hätte gerne den Theme von "Wallace & Gromit" in die Liste gepackt. R.W.B.Y. Vs. F.N.K.I. klingt aber einfach um ein paar Ecken besser, was daran liegt, dass Jeff Williams für die Webserie "RWBY" generell mit so ziemlich allem spielt was Rock und elektronische Musik hergeben, ausgerechnet hier aber auch sehr eindeutig andere Wege geht. Und ich rate jedem, die erste Minute, in der man zwar eine kurze Trompeteneröffnung, dann aber vor allem einen Auszug aus dem süßlichen, hyperaktiven Dance-Pop-Track Neon vorgesetzt bekommt. Das ist für Feinde des Genres schwer zu schlucken, aber mit dem richtigen Blickwinkel trotzdem ziemlich bekömmlich. Doch die extravagante Höchstleistung kommt erst dann, wenn Williams frühere Kompositionen zu geschmeidigem Upbeat-Jazz mit genialem, facettenreichem Bläserpart, dann hymnische Trompeteneinsätze mit Hard-Rock-Riffs paart und zum Ende hin beides kombiniert und den Song zu einem grandiosen Jazz-Rock-Finale bringt. Dieses Medley kann eigentlich alles, auch wenn es insgeheim schade ist, dass man keine der starken Ideen über eine volle Songlänge hören darf. Der hier gebotene Vorgeschmack ist auf alle Fälle überzeugend.

5.

 

Shallow

 

A Star Is Born

Lady Gaga & Bradley Cooper
2018

 

Möglicherweise der Filmsong des letzten Jahres und, ehrlicherweise, eine Komposition, die ich Lady Gaga weniger zugetraut hätte. Dass die mittlerweile ziemlich weit weg ist von ihren exzentrischen Dance-Anfängen, beweist nicht nur ihre starke Performance als Schauspielerin in "A Star Is Born", sondern auch das Gros der dafür geschriebenen Songs. Das Magnum Opus unter diesen ist das, nicht zu Unrecht für einen Oscar nominierte, Shallow. Klarerweise ist es ein auf Hochglanz polierter Song, aber in dem Sinne ist das nichts Schlechtes, weil sowohl ihre soulige Stimme als auch Bradley Coopers raspelnder Gesang ideal zur Geltung kommen und gleichzeitig das perfekt austarierte Country-Arrangement im Hintergrund immer noch beeindrucken kann. Letzteres ist netterweise kein reiner Klischeehaufen, sondern besinnt sich darauf, dass auch die Akustikgitarre verdammt viel zu leisten im Stande ist. Ein bisschen Drama durch das Klavier und die Violine dazu, ein paar wehmütige Noten an der Pedal Steel - eigentlich ja alles, nur nicht mein Instrument - und die Perfektion ist nicht mehr weit weg.

4.

 

Archangel

 

Archangel

Two Steps From Hell
2011

 

Ich weiß ja nicht, ob as britisch-norwegische Duo von Two Steps From Hell von Hans Zimmer gelernt hat, die Musik ist auf alle Fälle in ähnlichem Maße der epischen Übersteigerung verpflichtet. Allerdings fast immer in einem romantisch-klassischen Format, das wenig Spielraum für Innovation, dafür umso mehr für imposante Arrangements lässt. Und genau darin sind die beiden meisterlich. Mit Archangel ist wohl der Gipfel dessen, was man aus einem traditionellen Orchester in puncto übersteigerter, gigantisch dimensionierter und Gänsehaut erzwingender Großspurigkeit, erreicht worden. Relativ problemlos könnte man den Aufbau zerpflücken und als eine Aneinanderreihung von Klischees betrachten, die Wirkung dessen ist aber buchstäblich überwältigend, zumindest bei gebotener Lautstärke. Dann ummanteln einen die theatralischen Streicherstakkatos, die ausgedehnten Choräle und undefinierbaren weiblichen Gesänge, dann prägen sich einem auch die dröhnenden Trommeln erst so richtig ein. Und wenn man all das überstanden hat, wird man nicht umhin kommen, dem Spektakel nachhallende Effektivität zuzugestehen.

3.

 

Prospectors Arrive

 
There Will Be Blood

Jonny Greenwood

2007

 

Radioheads Jonny Greenwood ist mit seiner Arbeit für "There Will Be Blood" eine Vermählung von apokalyptischer Dramatik und elender Vereinsamung gelungen, die kaum zu toppen sein wird. Die ganze unerbittliche Tristesse, die das Leben von Ölbaron Daniel Plainview und dem von ihm ausgepumpten US-Dorf bestimmt, kommt vom ersten Moment an so eindrucksvoll zur Geltung, dass daraus eine Schreckensvision vom Leben in diesen Breiten im anbrechenden 20. Jahrhundert entsteht. Bemerkenswert ist im Falle des grandiosen Prospectors Arrive vor allem, wie wenig es musikalisch dafür braucht. Das rudimentär ausgestattete Orchester, mit dem Greenwood arbeitet, kommt hier nur begrenzt zum Einsatz. Die tiefen Dissonanzen am Klavier beherrschen zusammen mit langgezogenen, nachhallenden Trompetentönen das Bild, die winselnden Töne, die vom Cello und der Violine zunehmend eingeflochten werden, sind da beinahe nur Beiwerk. Gerade diese Statik und relative Ereignislosigkeit, die sich trotzdem in imposanter Art zwischen Epik und Eleganz wiederfindet, machen das Stück umso eindringlicher.

2.

 

The Dragon Boy

 

Sen To Chihiro No Kamikakushi

Joe Hisaishi
2001

 

Natürlich darf er auch hier nicht fehlen. Ohne Joe Hisaishi geht nichts. Vor allem muss eine Würdigung der außerordentlichen Arbeit für Hayao Miyazakis erfolgreichsten Film, die Reise Chihiros ins Zauberland, nachgeholt werden, nachdem es in der ersten Liste dafür nicht gereicht hat. The Dragon Boy ist womöglich gar nicht das bestmögliche Beispiel für das, was Hisaishi für den Film leistet, es ist aber für sich genommen die herausragendste Komposition. Das allein ist bei diesem Soundtrack eine Adelung, die diesem formvollendeten Stück aber auch wirklich gebührt. Der Einsatz des Orchesters durch den Japaner führt hier mehr als in den meisten anderen Fällen zu einer so poetischen, an Nuancen und Emotionen reichen Herangehensweise an eine übersteigert romantische Dramatik, dass man es durch reine Soundbeschreibung nicht wird einfangen können. Das ist Perfektion im Umgang mit klassischen musikalischen Elementen, wenn auch latent behindert durch die Tatsache, dass das Stück einfach zu kurz ist.

1.

 

The Battle

 

Gladiator

Hans Zimmer
2000

 

Es war nicht die Idee dieser Liste, Hans Zimmer zu huldigen. Allerdings hat er es zumindest für diese eine Suite definitiv verdient. Diese länglichen Kompositionen, in denen er sich mit dem Übereinanderstapeln von Instrumenten und der Ausgestaltung seiner Motive quasi grenzenlos austoben kann, sind ja eine Spezialität des Deutschen, in denen seine Stärken immer am meisten zur Geltung kommen. So auch hier, im Kernstück des Soundtracks zu "Gladiator", das als im antiken Rom angesiedeltes Epos natürlich nach einer ähnlich gearteten musikalischen Bearbeitung verlangt. Jetzt kann Zimmer nichts besser und formt dementsprechend mit The Battle einen Zehnminüter, der definitiv die Ausdauer beansprucht, aber ein instrumentales Feuerwerk darstellt. Dass dieses entsprechend voluminös und großspurig angelegt ist, versteht sich, allerdings sind die mitunter erratischen Einsätze der Streicher und Bläser dermaßen reibungslos und stimmig aneinandergereiht, dass man die wiederholten Wechsel zwischen hymnischer Größe und atmosphärischen Ruhephasen nur genießen kann.

Schlusswort:

Das ist sie also, die zweite Top 10 der filmmusikalischen Genüsse, die tatsächlich kaum weniger überzeugt als die erste, wie ich meine. Verdeutlicht wird das dadurch, dass es tatsächlich immer noch locker einen Zehnerpack an Kompositionen gegeben hätte, die einer Würdigung bedurft hätten, es aber trotzdem nicht in die Liste geschafft haben. Deswegen zumindest an dieser Stelle ein paar Honorable Mentions für Ennio Morricones Rabbia E Tarantella, Philip Glass' Escape To India, Jeff Williams' Caffeine, The Oceans' Super Snooper, The Colony von Harry Gregson-Williams & John Powell oder aber den Godfather Waltz von Nino Rota. Und das sind immer noch nicht alle. Sonstige Auffälligkeiten? Ein paar Klassiker, die zu Beginn als selbstverständliche Listeneinträge dagestanden sind, haben es nicht hinein geschafft, dafür sind beide Top 10 etwas mehr im neuen Jahrtausend verwurzelt, als ich es erwartet hätte. Stört aber nicht, die Musik ist auch so mächtig.

 

Kristoffer "Filme ohne Musik sind wie die Beatles ohne Ringo" Leitgeb


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