von Mathias Haden, 13.01.2015
Der Hang zur Weiterentwicklung manifestiert sich in wärmenden Melodien und besserem Songwriting.
Yeah, die Yeah Yeah Yeahs sind also zurück! Back in New York, back on MusicManiac. In den drei Jahren seit ihrem wie eine Bombe einschlagenden Debüt ist aber augenscheinlich nicht allzu viel passiert: Karen O fällt immer noch in die Kategorie 'very strange', ist aber nach wie vor eine coole Sau - bestimmt die coolste unter den weiblichen Frontfiguren. Weiters noch, verzichtet das Trio offiziell auf einen Bassisten, legt freilich weiterhin Wert auf ausgefallene Ideen und holt sich auch im zweiten Anlauf eine Nominierung für den Grammy für 'Best Alternative Album', der aber erneut verpasst wird. Heute tuschelt man jedenfalls hinter vorgehaltener Hand: Die Fassade bröckelte, die Band stand kurz vor der Trennung.
Dennoch liegt eine gewisse Aufbruchsstimmung in der Luft: Die drei sind exzentrisch wie zuvor unterwegs, mittlerweile aber wieder näher am Boden. Statt hyperventilierenden Punk-Abräumern mit hoher Drehzahl gibt's auf Album #2 ein vielseitigeres, insgesamt weit ruhigeres Programm; raus aus der Spontanität der Garage, rein in die Welt der durchdachten Produktion. Auch hört man auf Show Your Bones O's markantes Geschrei vom Debüt zur Gänze nicht mehr, stattdessen singt die Frontfrau nun immerzu, auch spielen Melodien vermehrt eine tragende Rolle.
Dies äußert sich in einem stimmigen Rockalbum mit Folkanleihen. Immer wieder verzichtet Gitarrist Nick Zinner auf elektrisierende Einsätze mit ordentlich Strom dahinter, ebnet seiner Kollegin lieber den Weg zum Erfolg mit zartem Akustikeinschlag. Auf The Sweets zeigt das Trio seine zurückhaltende Seite, baut den Track, der anfangs noch sehr skizzenhaft und nur mit einem rudimentären Rhythmus beginnt, behutsam auf und lässt ihn letztendlich in einer kleinen Rage der härteren Töne enden. Warrior ist eine in ähnlichem Maße reduzierte Ballade, die O's gesangliches Talent die ersten zwei Minuten ins Rampenlicht stellt, letztlich wiederum in einem elektrifizierten Ausbruch mündet.
Reminiszenzen an die Tage des Debüts finden sich, wenn auch klar in der Unterzahl. Am ehesten geht Phenomena in besagte Richtung, entpuppt sich dieses vierminütige Rockerkleinod als dreckige, kantige Garagennummer mit Lizenz zum Abrocken, auf der sich Zinner etwas austoben darf; auch Honeybear hätte vom Aufbau und seiner rauen Intensität gut auf den Vorgänger gepasst, wirkt allerdings ebenfalls wesentlich ausgeprägter und weniger spontan als die erste Hälfte der vorherigen LP.
Gratulieren darf man den YYYs jedenfalls wieder zu ihrer präzisen Selektion der Singles. Die erste findet sich auch in der Tracklist an oberster Stelle, heißt Gold Lion und zelebriert das längst vorhandene, nun aber erstmals wirklich ausgespielte Verständnis für leichtfüßigen, eingängigen Melodienreichtum. "We'll build a fire in your eyes" verkündet die Band, untermauert diese kühne Aussage mit einem erfrischend kurzweiligen Trip zwischen wortlosem Refrain, mitreißendem Riff und angenehmen Wechselspiel leise/laut; ergo ein ziemlich perfekter Opener und eine interessante Art und Weise, seinem bisherigen Schaffen den Rücken zuzuwenden.
Die beste Scheibe ist allerdings das gefühlvoll vorgetragene Cheated Hearts, eine schwungvolle Midtempo-Ballade, die all das in sich vereint, was die drei bis dato gelernt haben. Eröffnet wird das Schauspiel mit einer schwingenden Gitarrennote, die immerhin schon so viel Spannung erzeugt, dass man fast schon nervös auf O's stimmliche Intervention wartet. Ist es erst mal so weit, ist der Track nicht mehr zu bremsen: zuerst hat Drummer Brian Chase ein Erbarmen, dann schaltet sich die Protagonistin endlich ein und schließlich stürmt das Trio mit einer unglaublich mitreißenden, jangligen Melodie voran, während der passende, berührende Text keine Steine in den Weg legt.
"Cheated by the opposite of love
Held on high from up up up above
Kept my eye from the second one
Kept my high on the first one
Now, take these rings and stow them safe away
I'll wear them on another rainy day
Take these rings and stow them safe away
I'll wear them on another rainy day"
Man erkennt schon, die poppigeren Stücke bilden hier die Hoffnungsträger der guten Unterhaltung. Dazu sollte man natürlich auch noch das ebenfalls traurig anmutende Dudley und das dramatische Way Out zählen, ohne dabei allerdings die leichten, aber erkennbaren Abstriche verleugnen zu wollen.
Wieder einmal gilt nämlich: Es ist nicht alles gold was glänzt. Den Fokus aufs Songwriting zu legen, ist halt nicht grundsätzlich immer der beste Weg. Oftmals vermisst man die glühende Spontanität und unheilvolle Unberechenbarkeit des Vorgängers, gerade die folkigen Ausflüge können die Spannung nicht immer so aufrecht halten, wie man durch deren insgesamt doch cleveren Aufbau doch vermuten sollte. Auch verzettelt sich das Dreiergespann teilweise im eigenen Terrain, etwa bei der straighten Punknummer Mysteries, die über weite Strecken recht blass dahinplätschert.
Ich habe den Yeah Yeah Yeahs beim letzten Mal eine große Zukunft bzw. ein großes Album vorausgesagt, heute ist es allerdings noch nicht ganz so weit. Für viele angenehme Aspekte kann man der Band auf die Schulter klopfen: Den Mut zur Veränderung, besseres Songwriting und gesangliches Improvement mindestens, auch ist hier so mancher Track schon nahe dran an dem, was man in seinen trunkensten Fantasien erhoffen könnte. Trotzdem muss Show Your Bones durchaus Einbußen hinnehmen, zünden die Ideen zur Weiterentwicklung besonders in den ruhigeren Momenten nicht immer. Insgesamt kann man aber durchaus zufrieden sein, steht die stimmigere zweite LP der ersten, dynamischeren in nicht viel nach.