Weezer - Weezer (Blue Album)

 

Weezer

 

Weezer

Veröffentlichungsdatum: 10.05.1994

 

Rating: 7 / 10

von Kristoffer Leitgeb, 02.07.2015


Ein dreifaches Hoch auf die 'coolen' Jungs und ihren Geek-Rock, auch wenn es so hoch doch nicht hinausgeht.

 

Jetzt schaut euch nur das Quartett an! Nein, ernsthaft, werft mal einen Blick aufs Cover. Das ist nicht die Elite irgendeiner Generation, es geht noch nicht mal als hundsordinärer Mittelbau durch. Wäre da statt dem allumfassenden Blau eine peinlich ausgeschmückte Wand dahinter, man hätte die perfekten Mauerblümchen vor sich, brav aufgereiht wie vor dem Erschießungskommando, allzeit bereit von keinem Mädchen jemals zum Tanzen aufgefordert zu werden. Also puncto Aussehen und Auftreten liegt der Coolness-Faktor mal nahe dran am negativen Bereich, da zählen die inneren Werte umso mehr. Die gehen zwar im Endeffekt eh jedem am Hintern vorbei, nachdem aber innere Werte, transformiert in bestenfalls passende Melodien und Texte, sogleich durch die akustische Penetranz zu äußeren Werten werden, kümmern sich schon wieder mehr Leute darum. Dann liegt es ja nur mehr an den Versagern, in musikalischen Gefilden nicht mehr zu versagen. Siehe da, die Übung gelingt.

 

Und wie! Immerhin stand am Ende eines der bekanntesten und wichtigsten Rock-Alben der 90er. Jetzt ist das mit dem großen Ruf allerdings auch oft so eine Sache, die erst mit kühler Distanz unter die Lupe genommen werden muss. Wenn dann das geniale Stück an der Vorfront Undone - The Sweater Song heißt und sich bei aller Sympathie für erfinderische Ansätze irgendwie sinnlos präsentiert, wird die Sache dezent mühsam. Ok, cooler Soundwechsel mit Metal-Hauch zur Mitte, sonst aber eine zähe Affäre, die sich mit den ewiggleichen Chords höchstselbst in lähmende Zustände versetzt. Ob dann positiv-schräge Vibes das Ziel waren oder gar so etwas wie eine traurige Nummer, wird zur Nebensache, denn die Gesprächsfetzen und das ekstatische, aber grenzenlos schiefe Gesinge der Band matchen sich nur so darum, was uninteressanter ist. Trotz kleiner netter Bits wie den altbekannten, wüsten Klavier-Dissonanzen im Outro macht sich das auf fünf Minuten Länge zunehmend anstrengend.

Gut nur, dass der eigentliche große Hit der LP Buddy Holly heißt und somit für starke, weil verdammt eingängige Weirdness gesorgt ist. Die kitschige Liebesode mit gleichzeitiger Verbeugung vor dem Rock-Pionier und Schauspielerin Mary Tyler Moore wird mit schrägen Keys, Rivers Cuomos ungeschliffener Stimme und dem legendären Refrain zum fast perfekten Pop-Song, wenn es auch sonst nicht zur Perfektion in irgendeiner Form reicht.

 

Wie überhaupt Vieles hier in dieser Suppe der moderaten Großartigkeit schwimmt. Mit ihren erfinderischen Texten und den lockeren Rhythmen sorgt die Band für verdammt kurzweilige Minuten voll von starken Vorstellungen an der Gitarre und Ohrwurm-Refrains, den Atem raubt sie einem damit aber nicht. Muss auch nicht sein, wenn das Debüt mit der folkigen Hymne My Name Is Jonas loslegt, die grungige Riffs mit Walzer-Rhythmus und unweigerlich dylanesquen Akustik-Passagen verbindet. Geboren ist eine theatralische Pixies-Reminiszenz, die sich dank Cuomos Einsatz an Gitarre und Mikro und Ric Ocaseks Produktion in der netten Zwischenwelt zwischen verrohter Härte und verdaulicher Leichtigkeit wiederfindet. Zusammen mit dem straighten Rocker No One Else und dem ruhigeren Sehnsuchtssong The World Has Turned And Left Me Here sorgt das für einen äußerst würdigen Karriereeinstieg. Letzterer will sich nicht so ganz entscheiden, ob Cuomos Gedanken an die Geliebte eher in trauriger Ruhe oder doch mit crunchigen Mid-Tempo-Riffs abgehandelt werden soll, ist mit den starken Background-Vocals und seinem eigenwilligen Gitarrenmix aber trotzdem nicht zu verachten. Trotzdem soll es viel eher das Liedchen über die absolute Traumfrau werden, das in geradliniger Manier und vor allem mit unschuldigem Humor punktet:

 

"I want a girl who will laugh for no one else

When I'm away she puts her make-up on the shelf

When I'm away she never leaves the house

I want a girl that laughs for no one else"

 

Zum eindrucksvollen Ausreißer nach oben mutiert aber erst Say It Ain't So. Die Angst vor der Trennung der Eltern wird für Cuomo zum Stoff für seine bei weitem beste gesangliche Vorstellung auf der LP, begleitet von bluesigen Riffs, gemächlichen Drums und dem unablässig lauten Bass, unterbrochen nur von den lauten, wuchtigen Ausbrüchen, die der Refrain zu bieten hat. Es ist die atmosphärisch drückende Vorbereitung dessen, was auf "Pinkerton" vollendet werden sollte, wenn auch näher am klassischen Grunge-Schema der frühen 90er. Dass wenig später das fast schon Interlude-Züge annehmende Holiday folgt, das wenig Esprit und noch weniger Stimmung für sich verbuchen kann, drückt da den Gesamteindruck kaum noch.

 

Damit gibt man sich ohnehin nicht zufrieden, das siebenminütige Only In Dreams folgt als kindlich-süßes Epos zum Ende, ergießt sich in etwas gar langwieriger Romantik, bietet aber wenigstens mit den Zeilen "You can't avoid her / She's in the air / In between molecules of oxygen and carbondioxyde" die endgültige Krönung der wohlgeformten Schrägheit. Womit sich auch dieser Track einreiht in die Liste der vielen starken Momente, die einen doch so nicht und nicht vom Hocker reißen wollen. Vielleicht sind die Jungs eben doch ein klein wenig zu brav und nett, um mehr als einmal voll zuzuschlagen. Was wiederum nichts daran ändert, dass in diesem relaxten, poppigen und verschrobenen Rock mehr als nur eine Prise musikalischer Güte liegt. Wenn Cuomo und seinen Mit-Losern also zumindest eines gelungen ist, dann der Beweis, dass sie doch keine Loser sind. Zumindest nicht ganz so große...

 


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