Two Door Cinema Club - Beacon

 

Beacon

 

Two Door Cinema Club

Veröffentlichungsdatum: 31.08.2012

 

Rating: 7.5 / 10

von Kristoffer Leitgeb, 19.07.2014


Die ewige Hürde der gelungenen Fortsetzung, die Nordiren meistern sie bravourös.

 

Wir alle kennen das ja aus eigener Erfahrung. Man zimmert mal so nach Lust und Laune und vor allem auf gut Glück ein kleines Debütalbum oder -filmchen zusammen und urplötzlich verkauft sich das Ding. Eigentlich weiß man ja auch nicht warum, abseits der arroganten Annahme zumindest, man würde wirklich Material unter die Leute bringen, das irgendeinen künstlerischen Wert hat. In Wirklichkeit braucht's nur massig radiotaugliche Minuten und etwas Hilfe von Fortuna zum großen Durchbruch. Schwieriger gestaltet sich da schon die Fortsetzung genau dessen. Wie da nicht plötzlich die Erwartungen steigen, wenn man kurzerhand Platin in Großbritannien holt. Trotz dieses mentalen Ballastes gelingt den Nordiren rund um das hohe Stimmchen von Frontmann Alex Trimble das völlig Unerwartete, "Beacon" ist eine Verbesserung auf fast allen Ebenen.

 

Der Grund dafür: Der schmale Grat zwischen Altbekanntem und musischem Neuland scheint dem Trio gerade noch groß genug zu sein, um darauf locker herum zu spazieren. Auf die hellen, lockeren Riffs des Debüts folgen nämlich helle, lockere Riffs und auch was den positiven Grundton der Songs angeht blieb alles beim Alten. Aber schon Opener Next Year bringt die wichtigen Neuerungen zu Tage. Weniger Tempo gibt's insgesamt, dafür in ähnlichem Maße mehr Synthesizer, was den Jungs auf einmal einen New Wave-Touch mitgibt, ihnen aber auch soundtechnisch offensichtlich größere Freiheiten lässt. Wohl auch dank Produzent Jacknife Lee, der Trimbles Stimme um ein gutes Stückchen fähiger klingen lässt und den Klang der LP aufs Äußerste poliert - was erwartet man auch von einem Mann, der U2, Bloc Party, Taylor Swift oder Snow Patrol produziert? Das alles und noch viel mehr gibt's also an Neuem zu hören und das Gute, es funktioniert.

 

Denn der Beatles-esque Beginn mit seinem sonnigen Sound und dem geschmeidigen Gesang leidet keineswegs unter fehlendem Tempo oder mangelnder Energie und Gleiches gilt für fast alles hier. Handshake überzeugt als Ohrwurm-Track, in dem die prägnanten Synthie-Wände im Refrain großartig mit der lockeren Rhythm Section und dem Jingle-Jangle-Pop harmonieren, den die Band seit Jahr und Tag Gitarrist Sam Halliday zu verdanken hat. Wichtigste Änderung ist aber eine weit größere Bandbreite im Musikalischen, litt doch Debüt "Tourist History" zwangsläufig am uniformen Sound und dem ewig gleichen Tempo. Hier wird das abgefangen durch starke Soundwechsel vom atmosphärischen Pop von Sleep Alone mit in genialem Maße simplem Beat, über den aggressiven Indie Rock von Someday, bei dem die Gitarrenwände an die Grenze des guten Geschmacks gehen, nicht aber darüber hinaus, bis zum dem Titel voll entsprechenden Sun, dessen relaxter Beat mit den unaufdringlichen Synthies und den kratzigen Riffs den perfekten Sommerhit abgibt.

 

All das wirkt frisch und neu, mitnichten perfekt und auch in puncto Stimmung keineswegs überraschend, aber eben doch als nötige Bausteine für abwechslungsreiche Minuten. Dass das misslingen kann, versteht sich, und abgesehen vom äußerst unspektakulären Wake Up braucht's hier tatsächlich länger, um das zu merken. Erst mit Pyramid und insbesondere dem Titelsong geht dem Trio doch die Luft aus. Ersterer kann musikalisch mit dem eklektischen Mix aus dezentem Gitarren- und Basszusammenspiel musikalisch zwar punkten, ist aber thematisch eindeutig die Spitze einer ohnehin schon schwer zu entziffernden Platte. Beim Closer Beacon vergreift sich die Band mit dem verkrampft atmosphärischen Sound, rund um den monotonen Bass und das Duo Trimble/Keyboard, allerdings dann doch gehörig im Ton. Schlafwagen-Pop wird letztendlich aus dem ruhigen Abschluss, der nicht nur musikalisch nicht hier her passt, sondern auch qualitativ ein Absturz ist.

 

Abseits davon läuft's besser. Leadsingle Sleep Alone reiht sich zwar ein in die Reihe der obskurer getexteten Songs, ist aber trotz fehlender Langzeitwirkung mit dem Drumintro und starken lauteren Ausbruch im Refrain eine willkommene Addition, ähnlich wie die schon fast gewöhnungsbedürftig harmonische Performance in The World Is Watching, in dem dank des Gastauftritts einer Dame namens Valentina Alex Trimble eine perfekte stimmliche Ergänzung findet. Wirklich vollends überzeugen kann die Band dann aber erst noch einmal mit Settle. Mit ähnlicher Atmosphäre wie Sun ausgestattet, lediglich mit zusätzlichem melancholischem Unterton stark erweitert, gewinnt einen der Track dank der auf Stadion-Größe proportionierten Eröffnung und dem markanten Beat schnell und offenbart auch nach Wiederholungsorgien noch den gleichen Charme wie zu Beginn.

 

So manch etwas unsympathische Eigenheit verhaut der Band dann aber doch den großen Triumph. Denn das Tempo ist zwar niedriger als auf dem Vorgänger, dass es trotz aller gelungener Soundzutaten aber auch hier über Albumlänge sehr synchron abläuft, bleibt einem nicht verborgen. Ebenso wenig wie manch fragwürdige, vielleicht gar inhaltslose, Zeile oder die, bei aller Sympathie, nicht perfekt ausgeführten Rhythmus-Experimente, die zwar oft gelungen, aber kaum mehr sind.

 

Und doch bleibt die Erkenntnis, dass Nordirlands derzeit wohl angesagtester Musikneuling die schwierige Aufgabe einer erfolgreichen Fortsetzung des Begonnenen gemeistert hat. Nicht nur das, er zeigt sich facettenreicher und doch charakterlich beständig, professioneller und trotzdem noch erfrischend locker. Alles in allem eine Verbesserung, die die Bestenlisten zwar aus gutem Grund nicht beehrt, aber mit dem Begriff 'grundsolide' auch fast schon wieder unterrepräsentiert scheint. So oder so, mit 80er-Charme versehener Indie-Pop der Marke Two Door Cinema Club macht ohne Frage Spaß.

 

Anspiel-Tipps:

- Handshake

- Sleep Alone

- Settle


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