von Mathias Haden, 02.05.2015
Selbst prominente und fähige Freunde vermögen dem laschen Pop der Iren nicht auf die Sprünge zu helfen.
Howya folks, welcome back! Rein in den grünen Strampler, ein kühles Guiness aus dem Kühlschrank und ab dafür. Nach der übertriebenen Amerika-Dosis aus meiner Richtung in den letzten Wochen könnte ein bisschen (klischeehaftes) irish green nun genau der richtige Anstrich sein. Keine Sorge, diesmal nicht mit U2, sondern mit den Indie-Poppern von den Thrills. Die haben es ja ganz gut hinbekommen, unbemerkt auf der großen, hier so oft erwähnten Indie-Welle der frühen Noughties mitzuschwimmen, mit ihrem Debüt sogar für den begehrten Mercury Prize nominiert gewesen zu sein, mittlerweile seit einigen Jahren in der Auszeit zu verweilen und praktisch kein Schwein jemals interessiert zu haben.
Bereits der Erstling zelebrierte sonnigen Pop und Rock der 60s und 70s, unterlegte diese mit dominantem Gitarrenspiel und Frontmann Conor Deasys weinerlichem Stimmchen. Auch am Folgewerk Let's Bottle Bohemia ist den Gitarren und dem omnipräsenten Raunzen viel Platz eingeräumt, zudem haben sich die Iren ein ansprechendes Artwork ausgedacht und sogar prominente Gäste mit an Bord, da kann man nur gratulieren!
Die Einstiegsversprechungen hätte ich mir allerdings sparen können, denn mit Irland hat der Sound der Band tatsächlich nicht viel, eigentlich nichts gemein. Eher macht die Band absolut keinen Hehl daraus, amerikanisch klingen zu wollen - und fährt damit gar nicht so schlecht - anfangs zumindest. Denn der Beginn fällt durchaus vielversprechend aus: Opener Tell Me Something I Don't Know kombiniert angriffige Riffs mit verspielt dezenter Elektronik und strahlt gleichzeitig eine angenehme Coolness aus: "Because every word will pass for miles / And follow you like teenage virginity / So long fools". Von dieser zehrt die Band auch am folgenden Track, der überaus poppigen Lead-Single Whatever Happened To Corey Haim?, auf dem Deasy mit einer unaufdringlichen Leichtigkeit über eine luftig lockere Melodie, smoothen Bass und ein sympathisches Streicherarrangement balanciert und wiederum seine amerikanische Liebe zur Schau stellt:
"I'm Paramount Pictures
I'm Andy Warhol with other peers
Hey, has-beens
I'm the American dream"
Spätestens nach dem darauffolgenden Faded Beauty Queens ist aber Schluss mit Lustig. Kann sich diese Nummer schon eher wegen seiner ordentlichen Produktion und seinen namenhaften Gästen Peter Buck (R.E.M.) und Van Dyke Parks an Mandoline bzw. Akkordeon über Wasser halten, denn als Song per se, schraubt sich die Kreativität in den kommenden Minuten auf ein beunruhigendes Level hinunter. Ob im lauwarmen Coldplay-Rip-Off The Curse Of Comfort, das ohne Nachdruck ereignislos vor sich hin plätschert, im überzuckerten Found My Rosebud, auf dem der Protagonist den schmalen Grat der Erträglichkeit seiner winselnden Stimme hinter sich lässt oder am weichgespülten Piano-Pop von You Can't Fool Old Friends With Limousines, das hinter der Maske seiner eingängigen Melodie so schwachsinnig anmutet, wie es sein Titel vermuten lässt: "So hands off the virgin prom queen / You can't fool old friends with limousines / But it won't send you to an early grave", viel gelingt der Band zu diesem Zeitpunkt der LP nicht mehr.
Überhaupt fallen zwei unvorteilhafte Aspekte allmählich ins Gewicht: zum einen ist es Deasys ohnehin schon schwieriges Organ, das sich im Verlauf der Dreiviertelstunde langsam aber sicher zum Staatsfeind Nummer 1 mausert, zum anderen fällt der Band nach zweieinhalb guten Tracks tatsächlich nichts mehr ein, als wenig mitreißendes, verstaubtes Pop-Gejammer und höhepunktbefreiter Mid-Tempo Balladen im Stile des einschläfernden Not For All The Love In The World, um das selbst Snow Patrol in ihren schwierigsten Zeiten einen großen Bogen gemacht hätten. Und selbst der Pseudo-Rock von Saturday Night, der im Mittelteil des Tracks einen guten Job macht, gerät durch das träge Zusammenspiel des Quintetts rund herum rasch in Vergessenheit.
Da hilft es auch nicht besonders, dass mit dem zweiteiligen Closer The Irish Keep Gate-Crashing / A City Of Long Nights eine Versöhnung im kleinen Rahmen anfällt. Während der erste Part so etwas wie eine packende Melodie bietet, überzeugt der zweite mit seinen wiederum von Van Dyke Parks arrangierten Strings und seiner lockeren Bassline. Und doch, es bringt alles nichts - letztlich kommt jegliche Hilfe zu spät. Die Thrills probieren zwar nicht viel, meistens auch ohne Risiko, spielen unspektakulären Pop und machen einiges, nur nicht ihrem Namen gerecht werden; ihre zweite LP Let's Bottle Bohemia bietet lediglich eine glattere, fadere Version des ohnehin schon durchwachsenen Vorgängers. Mit einem starken Auftakt und einem gelungenen Schlusspunkt können die Iren auch hier nicht über die Schwächen ihres farblosen Pop-Rock hinwegtäuschen und schaffen es auch mit den fidelsten Melodien nicht, das Gewimmer ihres Frontmanns ein kleines bisschen zu kaschieren oder zumindest in einen passenderen Kontext zu stellen - da helfen auch prominente Freunde und ein fähiger Produzent (Dave Sardy) kein bisschen. Naja, dann vielleicht doch lieber The Unforgettable Fire oder gleich fare thee well, Ireland.