von Mathias Haden, 19.10.2013
Belangloser Synthpop als neue Marschrichtung für Helsingborgs liebste New Wave-Band.
New Wave/Post-Punk. Das riecht hier doch gewaltig nach den 80s oder? Mit dieser Masche entzückt die schwedische Band The Sounds seit der Jahrtausendwende immer wieder ihre Fans. Die Gruppe um den charismatischen sowie sympathischen Blondschopf und Frontfrau Maja Ivarsson hat es mittlerweile aus ihrer Heimatstadt Helsingborg herausgeschafft und auch außerhalb Skandinaviens kleine Erfolge feiern dürfen, sonst würde ich ihnen ja vermutlich gerade keine Zeilen widmen und das neue, coole GTA spielen, right? Soviele rhetorische Fragen müssen erst einmal verdaut sein.
Mit dem vierten Longplayer Something To Die For sollte es dann musikalisch ein bisschen in Richtung Innovation gehen für das Quintett.
Das ist sogar gar nicht mal so falsch, wenn man unter Innovation den Begriff 'Veränderung' versteht. Diese ist nämlich durchaus ersichtlich. Der Sound der New Wave-Band nähert sich hier nämlich jenem der sogenannten House-Musik gefährlich dicht an. Elektronikeinflüsse, hämmernde Beats und Synthesizer lauern an jeder Ecke und dominieren über weite Strecken.
Früh wird klar, auf was die Schweden aus sind. Mit eingängigen Rhythmen den Pophimmel erobern.
"We give you the music, the rhythm of life.
One city, one nation, the power of love.
A feeling, a hope, that we become one.
Together we conquer our planet with dance!"
verkünden sie etwa auf Dance With The Devil. Dass dieser Track trotz teils grausig verzerrter Stimme und mäßigem Text zu den Leistungsträgern des Albums gehört, wird sich noch früh genug herausstellen.
Ebenfalls stellt sich heraus, dass hier keinesfalls untalentierte Stümper am Werk sind. Allen voran die starke Stimme von Ivarsson und Keyboardspieler Jesper Anderberg.
Immer wieder erlebt man auf Something To Die For einwandfreie Momente, die den Kauf des Albums rechtfertigen würden. Beispielsweise die recht gelungene instrumentale Passage auf Lead-Single Better Off Dead oder der packende 'Synthie-Pop trifft Dance-Rock'-Refrain im ansehnlichen The No No Song. Auch textlich gibt es immer wieder beachtliche Zeilen, die zumindest ein anerkennendes Nicken provozieren, wie etwa im romantischen Titeltrack ("Searching for another reason to stay / Slowly my regrets are fading away / You leave me on my own to find out what's real / You say you want your freedom, but it's not how I feel").
Folglich kann man die positiven Aspekte dann doch auf eine Handvoll reduzieren. Kaum ein Track funktioniert nämlich über die gesamte Spieldauer. Entweder man kann sich am braven Gesang Ivarssons oder an einigen gelungen Textfetzen erfreuen, nur selten aber an beidem zugleich. Die Band spielt ganz okay, die erwünschten Resultate in Form von einprägsamen Dance-Songs werden aber nur sehr marginal zufriedenstellend erreicht. So klingt das plumpe Yeah Yeah Yeah vielmehr wie eine B-Side von Avril Lavignes The Best Damn Thing-Album als nach einem Schritt nach vorne für die Skandinavier. Jeder freie Moment wird mit Keyboardsounds und Synthie-Rhythmen förmlich erstickt. Das beschwingte, mit angenehm überdrehten Band-Shouts versehene Won't Let Them Tear Us Apart lässt dann noch irgendwie erahnen, in welchem (Indie-)Milieu die Band einst beheimatet war und wo sie sich bestimmt nicht unwohl gefühlt hatte.
Man hat stets das Gefühl, die Band könnte mit dem nächsten Track einen feinen Pop-Song aus dem Hut zaubern, aber irgendwie passiert das bis zum Schluss nicht. Die letzten beiden sind zwar wieder hörenswerter (vor allem Closer Wish You Were Here punktet mit seiner einfachen Instrumentierung), das große Spektakel bleibt aber aus. Leider auch das kleine. Die Gruppe trabt Song für Song dahin, ohne aber ein einziges Mal aus seinen Ansätzen zu kommen und drauflos zu galoppieren. So gurkt das Album dann 40 Minuten monoton dahin und nimmt einen beträchtlich bitteren Beigeschmack an.
Irgendwie verspüre ich dann doch Wehmut, die Bemühungen dieser lieblichen, kleinen Band zu verunglimpfen. Besonders, da ich doch ziemliche Sympathien für den frechen, leicht aggressiven Gesang von Maja Ivarsson (die einige lustigerweise mit Deborah Harry von Blondie vergleichen) hege. Was bleibt allerdings über, bei einem so durchwachsenen New Wave-Album, das sich unter einer Decke teils schmerzender Synthesizer versteckt und dabei kaum einen unvergesslichen Refrain hinterlässt.
Die Sounds haben ihren neuen Sound (was für ein gelungenes Wortspiel) gefunden und ein paar neue Klänge entdeckt, die ihre Zweck, ein paar pubertierende Mädchen auf die Tanzfläche zu locken, sicher nicht verfehlt hat. "It's so easy when you know how it's done / You've gotta seize the moment before it's gone" proklamieren die Schweden auf Opener It's So Easy. Ganz so einfach kann man sich aber weder das zweieinhalbminütige Intro, noch das ganze Album zu Gemüte führen.
Und so klingt ihr Elektronikausflug wie eine Kollektion unfertiger Songkreationen. Dass die eines Tages aber ein starkes Album vorlegen werden, daran habe ich keinen Zweifel.