von Kristoffer Leitgeb, 16.08.2014
Ekstatische Rifforgien ohne Sinn und Zweck. Kein schlechtes, aber ein einseitiges Erlebnis.
Es schmerzt etwas. Ja, doch, die Schweden in etlichen Bestenlisten zu sehen bleibt schon eine schwieriger zu schluckende Pille. Natürlich nicht die Schweden generell, scheinen die Jungs aus dem Norden ja weit eher Qualität mit kommerziellem Erfolg zu verknüpfen, als wir das hierzulande schaffen. Aber bei diesen eigenwilligen 'Garage Punkern', die sich schon ohne jeglichen Medienrummel wie Rockgötter gebärdet haben, ist Antipathie nicht allzu unverständlich. Immerhin hat die Band aber, ganz ihren australischen Freunden von den Vines folgend, mittlerweile ihre kurze 'Uns-kennt-man-überall'-Phase schon ein Jahrzehnt hinter sich und so bleibt nur der Blick auf den angeblich so gelungenen Durchbruch. Und schon damals war von einem neuen Stern am schwedischen Himmel wenig zu sehen.
Weil sie's aber auch so ungeschickt anstellen. Die Frage des Potenzials scheint sich nämlich nie wirklich zu stellen. An der Gitarristen-Front duellieren sich Arson und Carlstroem darum, wem man denn nun am Ende bessere Arbeit attestieren soll - ich belasse es bei einem Unentschieden -, die Percussions machen ohne Zurückhaltung Dampf und Frontmann Pelle Almqvist massakriert seine Stimmbänder für die Fans. Eigentlich viel Gutes, aber der Hund liegt weniger im Was, sondern eher im Wie begraben. Mehr als ein eher fragwürdiges Gefühl begleitet einen so in der halben Stunde. Da wäre jenes, dass einen vermuten lässt, die Jungs würden versuchen die kurze Spielzeit durch ungesunden Speed wieder wettzumachen und so ähnlich viele Noten hineinzupacken, wie sonst wohl nur in der doppelten Zeit möglich wären. Das versüßt einem die Eröffnung nicht unbedingt. Nicht, dass hier nicht wirklich jeder Riff verdienen würde, als außerordentlich stark herausgehoben zu werden. Bei dem Tempo der ersten Minuten, insbesondere Die, All Right! und A Get Together To Tear It Apart, kommt aber schon viel eher Lärm an statt genüsslicher Saitenspielereien heraus. So wird's dann schwierig mit der artistischen Weltherrschaft.
Die rückt zwischenzeitlich aber zumindest etwas näher. Main Offender und die ohnehin mit Lob überschüttete Single Hate To Say I Told You So machen da das richtig, was vorher geflissentlich ignoriert wurde. Das Tempo erreicht mal fast gemächliche Züge, Riffs bekommen Zeit einzusickern und an der Gesangsfront wird dann auch schon fast gesungen und nicht mehr dauernd gekreischt und gequietscht. Wer das für wenig hält, um positive Fazits zu erlauben, dem sei gesagt, als Instrumentals wäre bei den Tracks teilweise wahrlich viel abzuholen. Beats können kaum noch besser sein als hier, der Sound trifft sich zwischen den Beatles, Velvet Underground und den Arctic Monkeys und die Arbeit vom Duo Arson/Carlstroem lässt ein bisschen Air Guitar spielen schon fast gerechtfertigt erscheinen.
Wo wir aber dabei sind, Fragen über Fragen wirft natürlich vor allem ein Menschlein in der Truppe, ausgerechnet der Frontmann, auf. Mag Einbildung sein, aber das erste Jahrzehnt dieses dritten Jahrtausends hat zu viele Möchtegern-Rockidole erlebt, die sich doch gerade in der Garage-Fraktion auftürmen. Unter diesen scheint Pelle Almqvist dann noch einmal herauszustechen. Abgesehen von gewöhnungsbedürftigen Live-Auftritten machen seine übermäßig energetischen, extatischen Gesangsperformances nicht viel mehr als den perfekten Stimmungskiller in diesen seinen kurzen Minuten. Besonders augenscheinlich wird das no na ned im deplatzierten Jerry Butler-Cover Find Another Girl, der Swing- und Soul-angehauchten, einzigen Ballade des Albums. Schwer zu sagen, wo es überall hapert, aber die nervige Stimme gepaart mit stupiden Synthesizer-Einsätzen scheint doch fast 80% des Schadens anzurichten.
Nicht umsonst bleibt dieser ruhige Moment einsam und allein, hat doch die Band auch wenig Hörenswertes zu sagen. Abgesehen von mäßigem Humor, der sich in Introduce The Metric System In Time oder Outsmarted bietet, dem obligatorischen selbstherrlichen Rock-Moment in Main Offender und so manch eher wirr, letztlich aber nicht zwingend schlecht zusammengewürfelter Zeile scheint's nicht viel zu geben. Musikalisch sieht's phasenweise eben doch um Längen besser aus. So auch in Inspection Wise 1999, bei dem, so fair muss man dann auch sein, schon nach drei Sekunden klar ist, dass es in die richtige Richtung geht. In anderen Songs schnuppert die Band dafür wiederum leider nur an wirklichen Glanztaten. Outsmarted kann man eine ebensolche irgendwo anhören und doch schadet das überdrehte Tempo wieder immens, Closer Supply And Demand beschränkt sich dagegen darauf, einen genialen Refrain zu präsentieren, fällt abseits davon eher flach.
Trotzdem werde ich nicht so ganz schlau aus diesen Minuten. Hab ich mir doch gerade erst die Fragen nach den Schwächen selbst beantwortet und doch, wo die Reise hingehen soll, bleibt noch etwas geheimnisvoll. Was tun mit einer Platte, die nervt und glänzt, oft beides gleichzeitig? Ein Album, dessen Qualitäten man auf einen Kilometer riechen könnte, nur hören möchte man ebendie dann doch bitte, also irgendwie, wenn's vielleicht geht, so gar nicht eigentlich. Schwierig, schwierig, aber laut Rechtsstaat - damit ist das in Österreich so eine Sache, aber unsere kleine Website steht ohnehin über dem Gesetz - gilt eben: Im Zweifel für den Angeklagten. Und weil ja doch so mancher auf hingerotzte Zeilen ohne großen Inhalt steht und im Notfall auch ebendort ein blinder Fleck auftreten kann, gibt's doch ein paar lobende Worte. Denn die Musikwelt hat mit den Hives ein paar sehr starke Instrumentalisten erhalten, die durchaus für die ein oder andere Sternstunde sorgen könnten, würden sie nicht so stur den richtigen Weg meiden.