von Mathias Haden, 22.12.2014
Die Schweden schlagen ein neues Kapitel ihrer entbehrlichen Bandgeschichte auf - gebracht hat's herzlichst wenig.
Mein Kollege hat es in seiner Rezension (Veni Vidi Vicious) ja schon ganz gut auf den Punkt gebracht, ohne es direkt anzusprechen: Diese Typen nerven einfach nur. Weder die allerorts komplett fehleingeschätzte Güte ihres musikalischen Oeuvres, noch das sonstige Engagement der Mitglieder rechtfertigen den bandeigenen Hang zum Größenwahn. Dürfte allerdings ein schwedisches Phänomen sein, bedenkt man die dreisten Aussagen der frühen landsmännischen Kollegen von Mando Diao. Immerhin ließen die auf fragwürdige Versprechungen auch schon so manche große Tat folgen…
Diese braucht man sich von Frontmann 'Howlin'' Pelle Almqvist und seinen Hives nicht zu erwarten, ja gar nicht erst dran zu denken. Was es mit der Sympathie für dieses quietschende Rumpelstilzchen auf sich hat, wird sich mir im Übrigen wohl nie erschließen. Erneut muss ich direkten Bezug auf den Review des Kollegen nehmen, denn in den sieben Jahren seit dem Durchbruch hat sich wohl nicht allzu viel getan.
Dies äußert sich wieder einmal in explosiven Riffs und einer ordentlichen Rhythmusabteilung. Die überaus mäßige Lead-Single und Opener Tick Tick Boom darf hier gerne als Paradebeispiel herhalten, liefert sie doch den charakteristischen Hives-Drive und einen krächzenden Schreihals hinterm Mikro. Abgesehen davon wirkt die Nummer aber derart ausgelutscht und einfallslos, dass man bereits jetzt erste Zweifel bekommen sollte. Dass die Hives bislang nämlich keinen nennenswert guten Song geschrieben haben, fällt bei ihrer stilistischen Nähe zum Punk-Rock nicht so schwer ins Gewicht, zum dritten, vierten Mal recycelt wird 'schwach' leider auch nicht besser. So gurkt das Gros der 45 Minuten, die im Gegensatz zu der knappen halben Stunde von Veni Vidi Vicious endlos lang wirken, (immerhin) in ziellosem Gitarrengefrickel und braven Drums herum, während Sänger Almqvist, Schwedens inoffizielle Antwort auf Joey Ramone, es auf keinen einzigen essenziellen Beitrag bringt.
Besser läuft es da mit dem knackigen Return The Favour, das die alten Stärken der Band vereint und von einer effektiven Rhythmussektion vorangepeitscht wird, genau wie das dynamische Square One Here I Come, das mit seinem fetten Riff und einem treibenden Beat punkten kann. Das von Fans geschätzte Try It Again ist immerhin pretty okay, klingt es doch zu sehr nach der typischen Hives-Schablone früherer Alben.
So ganz stehen geblieben scheint das Quintett dann scheinbar doch nicht, ist das vierte Studioalbum nüchtern betrachtet wohl sogar das experimentellste, vielseitigste der Band. Aber auch bei diesen Versuchen darf man gespaltener Meinung sein. Der radikalste Schnitt tut sich beim vor wenigen Jahren noch komplett undenkbar gewesenen Instrumental A Stroll Through Hive Manor Corridors auf, das lediglich auf Drum Machine und Orgel aufgebaut ist, damit aber eine eigenartige, gleichermaßen starke Atmosphäre schafft und locker die freudigste Überraschung der LP bedeutet - vielleicht auch, weil dieses Mal eben kein dahingerotzter Gesangspart die Angelegenheit sabotiert; irgendwie bezeichnend…
Dafür bleibt man bei den restlichen Versuchen kläglich auf der Strecke. Das von Pharrell Williams und den Neptunes produzierte Well All Right! schunkelt mit Handclaps, smoothem Beat und "oooooh oooooooh"-Chants gemächlich voran, nur um in einem deplatzierten Break komplett ins Überflüssige abzudriften. In dieselbe Kerbe schlägt die letzte der beiden Neptunes-Produktionen (warum eigentlich!?) und Single T.H.E.H.I.V.E.S., auf dem die erbärmliche Präpotenz der Gruppe schon handfeste Züge bekommt: "We rule the world, this is our world". Eines dieser grotesken Beispiele, bei denen einfach überhaupt nichts zusammenläuft: Ein öder Beat, der sich an tiefem Spoken Wording und Almqvists' Versuch, einmal wirklich zu singen, vorbeimanövriert. Wirklich hässlich wird es allerdings erst mit Giddy Up!, welcher das eindrucksvolle Kunststück meistert, den gerade besprochenen Track deutlich zu unterbieten. Mir fehlen leider die Worte, um diese furchtbare Komposition in adäquatem Kontext zu beschreiben, daher fasse ich diesen peinlichen Versuch nur mit 'grotesk schlechter Produktion' und 'inferiorem Songwriting' zusammen und lasse erst mal Gras über die Sache wachsen. Als letztes Beispiel zu den zwielichtigen Klangspielereien sei noch Puppet On A String erwähnt, das mit seiner exzentrischen Instrumentierung mehr sein möchte, als es ist, mit seiner morbiden Melodie die erste Minute sogar durchaus erfrischend ankommt, um schließlich wie vieles zuvor gehörte im spannungstechnischen Nichts zu versanden.
Was soll man an dieser Stelle schon sagen, die Hives sind zurück! Facettenreicher, mutiger - andere nennen es größenwahnsinniger -, und experimenteller als je zuvor, mitunter aber auch noch ein Stück langweiliger. Die bandtypischen, straighten Rocker klingen über weite Strecken ausgelatscht wie Omas alte Ballerinas, ihr neuerworbener Hang zum Ideenreichtum trägt zumeist nicht saftigere Früchte. Unter den vierzehn weitestgehend entbehrlichen Tracks begraben, liegt tatsächlich das bisschen Talent, das der Band zumindest ihre Daseinsberechtigung bescheinigt, ab und an gelingt sogar doch eine überzeugende Performance auf Tracklänge. Insgesamt ist das aber viel zu wenig, um am vierten Album noch den Hauch von Interesse zu erzeugen; das Spannendste an dieser überbewerteten Truppe bleiben wohl ihre Liveauftritte.