von Mathias Haden, 25.07.2014
Das 'Comeback-Album' der Country-Pioniere ist besser als sein Ruf.
Ein tragischer Tod, verursacht durch eine Überdosis. Mehr braucht es ironischerweise oft gar nicht, um eine längst vergessene bzw. ohnehin nie wirklich beachtete Band 'zurück ins Leben' zu holen. Mitte der Siebziger waren die Flying Burrito Brothers klinisch mausetot, auch der letzte Burrito hatte das kommerziell zum Untergehen verdammte Schiff verlassen. Und dann, unverhofft: Gram Parsons stirbt im September 1973 in einem Hotelzimmer, die Geschichte kommt in die Medien und siehe da, plötzlich gibt es seitens einiger Clubs Nachfrage an Auftritten der Brüder. Und während eine obligatorische Compilation (Close Up The Honky Tonks) veröffentlicht wird, macht sich der ehemalige Manager daran, ein funktionierendes Gespann auf die Beine zu stellen. Letztendlich gelingt es Parsons, mit seinem Kumpel Chris Etheridge und Sneaky Pete Kleinow zwei Ex-Burritos zu überreden und in Fiddler Gib Guilbeau und Gitarrist Joel Scott Hill den geeigneten Rest für die Truppe zu finden.
Wait a sec… sagte ich gerade Parsons? Gemeint ist natürlich Gene Parsons, seines Zeichens Drummer und – wie überraschend – ein weiterer Ex-Byrd im heißen Burritofett.
Totgesagte leben bekanntlich länger. Flying Again erschien im Oktober 1975 und eroberte zwar nicht gerade die (US-)Charts, erreichte mit Platz 138, aber zumindest die beste Platzierung der Bandgeschichte. Unter Druck des Labels (Columbia) sah man sich gezwungen, die Gelegenheit zu nutzen und geschwind eine LP zusammenzusetzen. Dass hierbei der kreative Faktor ein bisschen ins Wasser fällt, geschenkt.
Wenig überraschend also, dass man hier kein zweites The Gilded Palace Of Sin aufgedrückt bekommt. Dafür gibt es soliden, bodenständigen Country-Rock zu genießen.
Aber wer soll nun singen? Am besten gleich alle Neuankömmlinge! Geschickt teilt sich das Trio die Songs untereinander auf. Gene Parsons' einziger gesanglicher Beitrag manifestiert sich im eigens geschriebenen, berührenden Sweet Desert Childhood, auf dem er seine Kindheit flektieren lässt und dem Hörer sich die Frage aufdrängt, warum er nicht öfter den Platz hinterm Mikro einnimmt. Auch sein zweites geschriebenes Stück, ein Überbleibsel aus den Sessions seines ersten Soloalbums, Wind And Rain, weiß mit seiner melancholischen Stimmung und dem erneut autobiographischen Text zu gefallen:
"If I could ride that cloud
That just flew by my window
And drift with the wind out over the sea
And fall with the rain into the arms of my darling"
Der letzte 'Killer-Track' stammt aus der Feder von Dan Penn, heißt Building Fires und stellt die einzige Single der LP dar. Die Version der Burritos reiht sich unter ihre stärksten Interpretationen fremder Kompositionen und überzeugt mit großartigem Arrangement und einer tollen Darbietung der Band, in erster Linie des Vortragenden Hill.
Die Hits sind ausgemacht, wo sind die Nieten? Vermutlich unter den Fremdkompositionen! Unter den zehn Tracks befinden sich derer nämlich 50%, die wohl aufgrund des Zeitdrucks in dieser Anzahl vertreten sind. Und bis auf das großartige, bereits erwähnte Building Fires, merkt man diesen auch die eher lauwarme Performance an. Während George Jones' Why Baby Why wenig von der Originalversion abweicht und somit zumindest nicht viel falsch machen kann und das klassische Dim Lights, Thick Smoke (And Loud Music) fast besser funktioniert, als jene träge Demoversion der Gram Parsons Besetzung, ist das wiederum von Dan Penn geschriebene You Left The Water Running ein komplett überflüssiger Cut eines ohnedies schon äußerst entbehrlichen Stückes. Alles leider mehr oder weniger risikolose Routineübungen, die das Quintett da abliefert.
Besser läuft es da wieder mit den eigenen Kreationen. Obwohl Gib Guilbeau kein außergewöhnlicher Sänger ist, trägt er seine beiden Stücke Bon Soir Blues und River Road sehr souverän vor und zeigt auch als Songwriter neben Parsons auf. Und doch, der schwächste Titel ist unter den eigenen auszumachen. Nicht nur das, zu allem Überfluss ist es auch noch der einzige, den sich die fünf Hillbilles zusammen auf die Visitenkarte drucken lassen können. Zumindest hätte man nach den genialen ersten beiden Hot Burrito-Stücken vom Debüt von #3 mehr erwarten dürfen, als eine unkreative Parodie der Vorgänger und einen der schlechtesten Selbstgeschriebenen im Repertoire. Oh weh mir…
Mit Flying Again melden sich die 'refried Burritos' wieder zurück aus der Gruft. Zwar ohne einer Vielzahl an starkem Material, dafür aber mit einer grundsoliden LP. Bei Release wurden sowohl Album als auch Band für die Besudelung des Namens heftig kritisiert. Die Band war ihrer Zeit lange nicht mehr voraus, hechelte indes dem Mitte der 70er schwer angesagten Westcoast-Sound der Eagles hinterher. Natürlich darf man sich keinen Illusionen hingeben und hier den alten Zauber erwarten, aber das unterschätzte vierte Studioalbum der Amerikaner ist für alle, die auf gepflegten Country-Rock ohne viel Schnickschnack schwören, zumindest eine leise Empfehlung.