von Mathias Haden, 13.12.2013
Neue Besetzung und eigenwilliger Bandleader - Die Burritos meistern die Hindernisse fürs Erste.
Wohin man auch kommt und wo man auch fragt, was jemand von den Flying Burrito Brothers halte, überall stößt man auf fragende Gesichter. Man nimmt an, dass man gerade böse veräppelt wird. Verständlicherweise, war besagte Band, die bis heute großen Einfluss auf Country, Rock und eben Country-Rock innehat, nur kurze Zeit in einem minimalen Rampenlicht und das ohnedies bestenfalls in den USA. Dennoch verspürt man als Fragesteller einen leichten Schmerz in der Brust, zählen die Burritos ja zu den größten musikalischen Bereicherungen der Sechzigerjahre. Nach ihrem epochalen Debüt The Gilded Palace Of Sin, das sich leider überhaupt nicht zu verkaufen vermochte, wie alles andere auch in der Schaffenszeit von Bandleader Gram Parsons, machte sich die desillusionierte Gruppe daran, zuerst eine weitere erfolglose Single (The Train Song) und schließlich einen weiteren Longplayer zusammenzustellen.
Vorbei war es allerdings mit den kosmischen Klängen, die das Erstwerk noch von allem anderen, was unter die Sparte 'Countrymusik' gefallen war, abhob.
Entmutigt vom anhaltenden Misserfolg, warf Bassist Chris Etheridge das Handtuch und Chris Hillman wechselte von der Gitarre zum freien Posten. Dafür konnte mit Michael Clarke als Drummer (bis zu dieser Zeit spielte die Band ohne festen Schlagzeuger) noch ein ehemaliger Byrd (Hillman und kurzzeitig Parsons) für die Band angeworben werden. Dazu noch Gitarrist und dritte Gesangsstimme Bernie Leadon, der beim Projekt eines weiteren Ex-Byrds Gene Clark, Dillard & Clark, mitwirkte und später bei den Eagles tätig sein sollte, und Pedal-Steel-Spieler 'Sneaky Pete' Kleinow, der von Anfang an dabei war, und die Bande war komplett.
Burrito Deluxe, die zweite LP der FBB, besteht wie die erste nicht ausschließlich aus eigenen Kompositionen. So schwindeln sich unter die neuen, selbstgeschriebenen auch Covers von Bob Dylan oder den Rolling Stones.
Leider, das kann schon hier vorweggenommen werden, kann es das Niveau vom Vorgänger nicht halten. Einiges hier wirkt uninspiriert und in kürzester Zeit auf Papier gebracht. Man merkt vor allem, dass Parsons, der allmählich die Lust an seiner Band verloren hatte und immer mehr mit den Rolling Stones am feiern war und sich selten nüchtern blicken ließ, nicht ganz hinter dem Projekt stand. War das gemeinsame Songwriting von Hillman und Parsons am Debüt noch ein großer Trumpf, finden sich auf dieser LP mit High Fashion Queen und Down In The Churchyard nur zwei, die die beiden zusammen verfasst hatten. Das ehemals sehr gute Verhältnis der beiden schwand immer mehr durch Parsons' eigenwilliges Verhalten und Hillman musste immer mehr als Bandleader agieren. Nach einigen Auftritten, die er entweder verpasste, oder aufgrund von Drogenkonsum katastrophal verpatzte, war es genug und Parsons musste etwa einen Monat nach der Veröffentlichung gehen.
Nichtsdestotrotz, ist der letzte FBB-Longplayer mit ihm ein starker geworden, sind doch alles großartige Musiker am Werk. Das berührende, mit Mandoline augmentierte Cody, Cody und Up-Tempo-Rocker High Fashion Queen sind tolle Songs geworden, obwohl ihnen wie den meisten Tracks ein bisschen die textliche Tiefe fehlt, die noch Songs wie Sin City oder Juanita vom Vorgänger ausgezeichnet hat.
Dazu gesellen sich noch die nach Vergnügungspark und Ringelspiel klingende, an 'Romeo & Julia' erinnernde Liebesgeschichte Man In The Fog, mit schallendem Gelächter und Happy Ending, Older Guys, die Verneigung vor den alten Künstlern und das von Bernie Leadon verfasste und vorgetragene, textliche vermutlich stärkste auf der LP, God’s Own Singer.
Und auch die beiden schwächeren selbstgeschriebenen 'Country 'n' Roll' Nummern, das etwas uninspirierte Down In The Churchyard und Lazy Days, das Parsons schon mit seinen alten Bands aufgenommen hatte, haben ihre starken Momente und liefern gute Minuten.
Und wie tun sich Hillman und Co. mit den Covers? Alles grundsolide. Lediglich Bob Dylans If You Gotta Go wirkt ein bisserl unausgegoren und wie ein Opfer der schnellen Fertigstellung. Image Of Me liefert Byron Berlines (der später auch zur Band stoßen sollte) berühmt beeindruckende Fiddle und eine der besten gesanglichen Leistungen Parsons auf dem Album, der traditionelle Gospelsong Farther Along wird zum perfekt arrangierten, animierenden Sing-Along und Wild Horses von den Rolling Stones, das sie dank GPs Freundschaft zu Keith Richards zuerst aufnehmen durften, ist einfach große Klasse. Auf diesem legt Parsons all die Leidenschaft und Gefühl hinein, die er in manchen Moment auf Burrito Deluxe vermissen lässt. Die Burritos waren am Höhepunkt ihrer bittersüßen Karriere angelangt.
Gibt es scheinbar nicht viel zu meckern, obwohl die Kluft zwischen dem Debüt und diesem Nachfolger eine schier endlose zu sein scheint. Man kann sagen, jeder Song der sich auf Burrito Deluxe eingefunden hat, wurde ein Jahr zuvor um mindestens eine Klasse besser gemacht. Trotzdem macht die zweite LP großen Spaß und wirft Licht auf einige tolle Songs, die musikalisch auch ohne die 'kosmischen' Sounds vom Debüt top wurden. Wer mit Country, Country-Rock oder schlicht guter Musik etwas anfangen kann, der darf hier ohne Bedenken die Brieftasche zücken. Schade nur, dass es nach diesem Album vorbei war, mit der kurzzeitigen kreativen Partnerschaft zwischen Hillman und Parsons. "God's own singer of songs is going home"…