von Kristoffer Leitgeb, 22.02.2014
Poppiger Party-Hip-Hop in seiner langweiligsten Form.
Nervfaktor 10 von 10. Jetzt ehrlich, wie vielen Musikern kann man diese Auszeichnung wirklich verleihen? Jeder setzt da irgendwo seine Grenze und mit Sicherheit findet sich da auch in einem musikinteressierten Leben jemand, der diese gerne überschreitet. Aber sie sind schon rar gesät, oder? Da muss einem die Musik auf die Nerven gehen, die handelnden Personen und, naja, überhaupt alles, was sich so finden lässt. Die Truppe aus Los Angeles kratzt aber dann doch hartnäckigst an der Aufnahme in diese illustre Runde. Spätestens seitdem 2003 aus dem Trio ein Quartett und die Männerrunde gesprengt wurde scheint da Hopfen und Malz für guten Hip-Hop und eigentlich auch sonst alles verloren.
Was bringt uns "Elephunk", LP Nummer drei, also Gutes? Wir hätten da die hirnlosen Dancefloor-Songs, auf jeder Party ein sicherer Hit, im Angebot. Oder aber die miesen Versuche, tatsächlich so etwas wie Funk in den Sound der Band hineinzubringen. Dazu noch miese Latin- und sogar Nu Metal-Spielereien. Na, spürt man nicht schon das Wasser im Mund zusammenlaufen. Nicht? Tja, ich auch nicht.
Dabei gibt's gute Ansätze. Die von Let's Get Retarded zum Beispiel. Als Party-Anreißer netterweise mit mehr als tanzbarem Beat und starkem Bass versehen, wächst sogar will.i.am kurzzeitig über sich hinaus und rappt mal fast schon gut. Mehr braucht's auch nicht, um hier gut zu wirken. Leider kommt auch nicht viel mehr, abgesehen vielleicht vom allseits bekannten, dank seiner Einfachheit drei Promille überstehenden Refrain. Für alle Nüchternen wird's so aber dann doch etwas langweilig. Apropos, großartiges Stichwort. Nervfaktor 10 bekommt die Band nämlich unter anderem dadurch, dass sie zwischendurch ihre mäßig anziehenden, aber eben doch spärlichen Songauskleidungen in eine Länge zieht, dass der Feierabend eigentlich schon lange gewesen sein sollte. Gilt in gleichem Maße für Smells Like Funk, das ohnehin komplett Gehirnzellen vernichtende Sexy oder The Boogie That Be. Gerade beim Ersten hat man zu Anfang das Gefühl, er könnte mehr als nur Überleben. Leichtes Akustik-Gezupfe kommt zum ordentlichen Beat und bis zur Halbzeit kommen noch ein paar E-Gitarren-Akkorde und sympathische Bläser dazu. Regelrecht vernichtet wird der Track aber durch seine fünf Minuten Spielzeit und der Produktion, die, ganz dem Pop verschworen, die schwachen Rap-Parts so weit in den Vordergrund stellt, dass vom Background-Klang kaum was durchkommt.
Aber, wo sehr viel Schatten ist, gibt's trotzdem irgendwo Licht, wenn auch nur in Taschenlampenstärke. Die zwei Rausreißer heißen hier Hey Mama und The APL Song. Numero Uno, wenig überraschend lockere Party-Single, bringt zum starken Bass noch simple Keyboard-Klänge, vor allem aber ein wenig Salsa-Feeling hinein, wird so zur einzigen Nummer der Platte, die einen auch ohne Schamesröte etwas in Bewegung bringen kann. Der Zweite ist dafür das einzige Mal, dass hier so etwas wie wirklicher Hip-Hop vorhanden ist. Gedrücktere Stimmung, dezente Gitarren und zurückgelehnter Beat begleiten apl.de.ap - Sorry, aber allein die Namen der Leute sind doch der reinste Witz. - dabei, wie er etwas schwülstig, aber doch ziemlich stark, seine Lebensgeschichte vor einem aufbreitet. Ein gelungener Ausflug, der leider absolut keine Gesellschaft hier findet.
Das einzige Mal, dass nämlich auf ähnliche Art Emotion reingebracht werden sollte, in der Hitsingle Where Is The Love?, wird dank Überlänge und einer alles nur nicht glaubwürdigen Message zu einer störrischeren Übung, die Justin Timberlake mit einem Gastbeitrag seinen großen Durchbruch bescherte und dank ihm zumindest in puncto Pop-Appeal nicht versagt. Ansonsten muss man sich aber mit dem äußerst unbefriedigenden Party- und Sex-Geplapper von will.i.am und Konsorten abfinden. So wird's dann auch ziemlich einförmig, insbesondere dank der Tatsache, dass im Falle von Let's Get Retarded, Sexy oder Shut Up schon mit dem Titel deren gesamter Inhalt abgehandelt scheint. Da beschränken sich die lyrischen Ergüsse dann auf "Lose control of body and soul / Don’t move too fast people just take it slow / Don’t get ahead / Just jump into it", "Did them things that couples do when in love (you know) / Walks on the beach and stuff (you know)" oder das genial peinliche "If it smells like Funk it must be us / The Funk funk full foul stinky it's stanky stuff".
Wirklich besser wird das auch nicht durch die eher bescheidenen Performances der vier Übeltäter. Neuling Fergie, die mit ihrer Stimme mehr Pop in den Sound der Band bringen sollte, macht das, scheint aber ihren Platz innerhalb der Band noch kaum gefunden zu haben. Ihre Auftritte beschränken sich eher auf minimalistische Harmonien und kurze Refrain-Passagen. Wenn dann einmal mehr auf sie zukommt, wie in Shut Up und Sexy kann man kaum von gelungenem Zusammenspiel mit will.i.am sprechen. Der Songwriter der Band wirkt aber auch nur selten mehr als erträglich, hat seine wenigen guten Momente mit Sicherheit in den Singles und da vor allem in Hey Mama. Der Rest, apl.de.ap und Taboo, hält sich zumeist im Hintergrund, was angesichts der guten Arbeit von ersterem in The APL Song eher schade sein dürfte.
Was habt ihr auch bei der Eröffnung erwartet. Nein, da gibt's nichts zu holen. Ok, seien wir diplomatisch, es gibt nicht viel zu holen. Die meiste Zeit findet man sich wieder mit dem Gedanken, die Band möge doch bitte bald einmal endlich zum Ende kommen. Leider muss man eine Stunde darauf warten. Bis dahin wartet eine Masse an belanglosem Material, das einen an schlechten Tagen schon auch leicht aggressiv machen kann. Aber auch wenn nicht, mehrere Durchläufe überstehen die Pseudo-Hip-Hopper ziemlich sicher nicht.