von Kristoffer Leitgeb & Mathias Haden, 17.11.2017
Zwischen Vergangenheit und Zukunft liegt ein verwaschenes Hier und Jetzt im Outer-Space-Rock.
Österreich und Zukunft sind Begriffe, die wenig zusammenpassen. Wenn hierzulande irgendein lateinischer Begriff immer Gültigkeit hat, dann Status Quo. Er wäre das gewünschte Nonplusultra, gäbe es nicht die in den Farben der Verklärung schimmernde Vergangenheit, die man zurücksehnt. Soviel zum Klischee, das eigenartigerweise unglaublich richtig daherkommt, weil das Morgen aber nie nicht positiv sein wird. Auch deswegen sind die besten Zukunftsvisionen die von damals, was die Steaming Satellites auf die Spitzenplätze mancher Sympathierankings hieven könnte, wäre da nicht die Sache mit der Massentauglichkeit.
Die Salzburger scheinen die nämlich zu wollen und so ist der Albumauftritt mit dem eigenen Namen drauf der bisher geschliffenste. Der Vorvorgänger war nicht nur dem Titel nach kantiger und eigenwilliger, die Vermählung von Zeppelin-esquem Rock und der in Elektronikform gebrachten Sehnsucht nach unendlichen Weiten klang auch prägnanter, aussagekräftiger in diesen längst vergangenen Zeiten. Irgendwie aber wurscht, weil selbst dann noch dieses Gefühl dafür vorhanden ist, die Überhand nehmenden Indie-Avancen wie im Fall von Restless Robot oder der frühen Space-Hymne Rocket mit atmosphärisch-spielerischen Synth- und Keyboard-Klängen zu verfeinern. Außerdem klingt Max Borchardt immer noch wie der (österreichischen) Welt beste Ziehsohn von Robert Plant seit es da mal diesen Chris Cornell gab. Wie gut er das kann, ist nach wenigen Sekunden klar, auch weil Together losstartet wie ein klangvoller Kniefall vor dem folkigen Finale der Zeppelin-Trilogie, nur um in pseudo-symphonisches Schmachten überzugehen und die Kanten im puristischen Klavierspiel zu finden.
Die zweite Hälfte ist, sieht man vom dortigen Bruder der miserablen Leadsingle Honey, dem unnützen Balladen-Kitsch von Unfold ab, trotzdem die bessere. Weil sie mehr nach früher klingt und also doch noch ein bisschen den Blues-Rock aufleben lässt, zusammen mit dem Faible für Marching Drums und den flimmernden Synths in Back And Forth ein uneleganter, aber effektiver Treffer. Irgendwo dort ist auch Circles, dessen stampfender Hard Rock mitsamt Falsett kurzzeitig die Black Keys imitiert, zunehmend in ein dahinschwimmendes, dröhnendes Blues-Fest mutiert, nur um mit einem vom Feedback und möglichst viel schrillem Kratzen gestählten Gitarrensolo zu enden. Wer die andere Seite lieber mag, kann sich über Fill The Cup und also beatlastigen Synth-Pop mit bestechender Hook freuen oder im finalen Epos Move On und dessen mehrstimmigem Nachhall sein Heil suchen. Dass solch eine Palette einen gemeinsamen Nenner hat, liegt unter anderem daran, dass die Gitarrenarbeit von Manfred Mader, vor allem aber der charakteristische Retro-Touch des Keyboards allgegenwärtig sind und selbst in den insgesamt wenig imposanten Minuten wie denen vom vergeblich nach Atmosphäre haschenden Secret Desire oder vom allzu straighten Beinahe-Dance-Rock von Unreal garantiert, dass dem Ganzen genug Charakter innewohnt.
Auf der negativen Seite ist all dem gemein, dass kein Schwein wirklich weiß, was Borchardts Texte eigentlich jetzt wirklich bedeuten sollen - manch Gerede von Spacigem, um dann doch wieder in den unschärfsten Emotionen zu landen, die man sich vorstellen kann -, und dass der Wille zur albumumspannenden Soundschärfe nicht da zu sein scheint. Ein wenig aufgeweicht klingt die Band. Die Habenseite ist allerdings stärkerer, weil das Songwriting unverändert kantig geblieben ist, die instrumentalen Fähigkeiten nicht nachgelassen haben und man immer noch nicht von den 70ern Abschied nehmen will, stattdessen weiter den Helden von damals nacheifert. Und ehrlich, waren nicht die 70er der beste Status Quo überhaupt?
K-Rating: 7 / 10
Let me take you back to the dancefloor: Vier Salzburger und treibende Rhythmen weisen den Weg.
Um ausnahmsweise einmal direkt am Ende des vorangegangenen Parts anzusetzen, sei hier versichert: Die 70er waren der beste Status Quo überhaupt! Da das geklärt scheint, muss lediglich gewährleistet werden, dass ein gerechtes Urteil über das immerhin schon vierte Album des aktuell als Quartett existierenden Salzburger Gespanns gefällt wird. Tatsächlich kommt man in der österreichischen Rockszene nicht über die Steaming Satellites herum und auch im weltweiten Vergleich muss sich da - nicht zuletzt der schwachen Konkurrenz geschuldet - niemand verstecken.
Was unter anderem daran liegt, dass Sänger Max Borchardt über eine sehr spezielle, raue Stimme verfügt, die ihn vom Rest der hiesigen Hoffnungsträger abhebt und zudem nur schwerlich seiner alpinen Heimat entlarven lässt. Was auf der selbstbetitelten LP ebenfalls sofort auffällt, ist der Umstand, dass neben den mehrspurigen Gitarrenparts in der Tat einiges an Raum für Keyboards und elektronische Gimmicks freigemacht wurde. In Richtung Space-Rock geht es zwar gar nicht so oft, dafür setzen die Österreicher auch insgesamt zu wenig auf Reverb, um Synth-Pop wird mit Ausnahme von Fill The Cup noch wesentlich behutsamer ein Bogen gemacht. Bleibt ein sympathischer, elektronischer Rock-Bastard, der mit treibender Rhythmik zum Tanzen auffordert. Der beste Cut der Platte ist zweifelsohne Rocket, der sich zu einem groovenden Bass, pointierten Gitarren und fiepsigen Synth-Tupfern erhebt und entfaltet. Mit Circles geht es dann wirklich einmal in die frühen 70er, treffen dort Blues-, Hard-Rock und dezente Elektronikspielereien in einem ausufernden, aber einnehmenden Sog aufeinander - und das ohne Bombast und breitbeiniger Attitüde.
So rocken sich die Salzburger mal mehr, mal weniger von der eigenen, aufpolierten Produktion schaumgebremst durch das Album, kokettieren mit Geschichtsbewusstsein, ohne dabei Klischees zu bedienen und finden immer wieder auch in ruhigeren Gefilden ihr Heil. Unfold mag zwar im trägen, speckigen Kitsch-Fettwasser seine kleine Wellen schlagen, nicht minder nervig ist aber das Rolling Stone-Gequatsche von Phone, das musikalisch mit klirrenden Gitarren, knarzigem Bass und flüchtigen Keyboard-Klängen so viel mehr hätte werden können. Miserabel ist hier ohnehin weit und breit nichts, auch wenn der Kollege den Terminus für Single Honey gebraucht hat, das zugegebenermaßen ein wenig schwülstig einläuft. Zehn Minuten insgesamt weniger hätten es zwar auch getan, abgesehen davon gibt es in meinen Ohren wenig zu meckern, wiewohl nicht mehr viel zu feiern.
Steaming Satellites, das bislang vierte und letzte Album der gleichnamigen Band, ist eines dieser Alben, die gut ins Ohr gehen und dort mit lässigen Grooves haften bleiben, zu deren Einzeltracks zumindest ich aber nie zurückkehre und auch keine emotionale Bindung herstellen kann. Nicht alles hinterlässt - auch dank der gut polierten Produktion - einen bleibenden Eindruck, gelegentlich rückt der Dancefloor zu sehr in den Fokus und auch den bluesigen Nummern fehlt es immer wieder am nötigen Biss. Die vier Österreicher haben nichtsdestotrotz musikalisch viel drauf, schreiben ordentliche Texte und mit ihrem Sänger eine heiße Aktie in den eigenen Reihen. Viel bessere Rockbands wird dieses Land in der nahen Zukunft wohl nicht hervorbringen.
M-Rating: 6.5 / 10