von Kristoffer Leitgeb, am 10.05.2014
Biographie
Die heimischen Veteranen von 3 Feet Smaller sangen dereinst: "Looking up to the stars here with you". Die Punker ließen da eher ihre romantische Seite heraus, doch in diesem realistisch betrachtet wirklich unvorstellbar gigantischen Kosmos kann man auch noch ganz andere Dinge finden. Für den schlichten Geist reicht der große Wagen, für den noch schlichteren Geist das morgendliche Horoskop. Salzburgs rockige Retter mit dem Namen Steaming Satellites nahmen sich dann doch eher die unendliche Weite und das unvorhersehbar abenteuerliche das Sternenwirrwarrs zum Motto und machten es sich so bald an der Spitze einer Szene bequem, die es so in Österreich eigentlich gar nicht gibt. Denn das leicht Spacige verbindet sich mit einem Blues- und Funk-Touch bald zu einer Verbeugung vor so mancher Größe der späten 60er und frühen 70er.
Als man sich 2006 erstmals zusammenfand, da sah die Sache aber doch noch deutlich anders aus. Sänger und Gitarrist Max Borchardt hatte seine markante Stimme wohl auch damals schon und auch Drummer Matthäus Weber, genauso wie Bassist Daniel Ziock waren schon an Bord, nichtsdestotrotz war alles ein wenig - steht hier stellvertretend für: sehr - anders. Das zügig eingespielte Debüt "Neurotic Handshake At The Local Clown Party" hatte nämlich neben einem genialen Titel vor allem chaotisch-aggressiven Rock im Angebot. Die Elektronik war schon damals fixer Bestandteil der Songs, Borchardts krächzendes Organ und die archaisch anmutenden Schlagzeugtöne zeigen aber eine Band, die sich mit Punk-Anleihen und beinahe schon Noise-Sound herumspielt. All das warf sehr schnell vor allem eine Frage auf: Was genau wird das eigentlich? In Salzburgs Szene etabliert, war die Mozart'sche Bekanntheit in weiter Ferne und das spontane Debüt mehr ein spaßiges Nebenbei für die musikaffinen Mitglieder als der Start einer großen Karriere.
Doch was nicht war, wurde schon bald. Mit dem Einstieg vom Mann für fast alles, Emanuel Krimplstätter, gewann man neuen Fokus, durch die überraschende Tour mit Portugal. The Man kamen 2008 auch ganz neue Ideen und Einflüsse. Die Liebe zur Musik der 70er bildete plötzlich die Basis für neue Songs und die eindrucksvollen Live-Auftritte. Von frenetischen Jams durchzogen, trugen ihre Konzerte die Steaming Satellites bald durch ganz Europa und sorgten für eine internationale Fanbasis. Und während man so verschiedenste Länder bereiste, schrieb man unermüdlich Songs, ließ sich aber bewusst lange Zeit, sie zu einer LP zu formen. 2011 präsentierte man sich dann mit "The Mustache Mozart Affaire" komplett neu. Über 50 Tracks standen zur Auswahl für die Studioarbeit, die letztlich auserwählten zeichneten plötzlich ein präzises, bis ins kleinste Detail ausgeformtes Soundgewand. Bluesriffs und atmosphärische Retro-Keyboard-Sounds sorgten mitsamt den absichtlich schlicht gehaltenen Produktionsmethoden für eine Erinnerung an den Classic Rock, die sich trotz allem mit elektronischen Hilfsmitteln am modernen Indie-Rock orientierte. Was es auch mit sich brachte, war Kritikerjubel, der für die Österreicher umgehend eine Linie von The Who oder Led Zeppelin zu den Kings Of Leon oder den Black Keys zog. Mit dem Label Space Rock fanden die Salzburger auch bald eine Nische für sich, die nicht zu einengend war, um den eigenen Ansprüchen des immer wechselnden Stils gerecht zu werden.
Der äußerte sich zu diesem Zeitpunkt auch in einem neuen Zugang zu Live-Auftritten. Denn die Energie der Konzerte und die erfinderische Kreativität des Studios, sie ließen sich nur bedingt miteinander verbinden. Mit abgespecktem Sound und Akkordeon oder simplem Keyboard dort, wo am Album Synthesizer und programmierte Sounds waren, generierte man eine intimere, gesetztere Stimmung als früher, die auch der wandelbaren Stimme Borchardts entgegenkam. Und so schaffte man bald das, was in Österreich fast niemand mehr versucht: Man tourte in den USA. Mit Hello Electric bespielte man dort die Klubs an der Ostküste, bevor man in Europa wieder solo auf Tournee ging. Wenig Zeit blieb also zwischen Konzerten noch und nöcher, einem neuen Mitglied aus den USA, Zach Bendt, und dann doch der Reduktion der Band auf ein Trio. Als solches nahm man dann in stressigen Tagen die Songs auf, die auf Tour geschrieben wurden, und präsentierte nach sechs Monaten voll von Studioaufnahmen, verfeinern hier und dort, Post-Production und allem Drum und Dran die dritte LP "Slipstream". Ruhiger, emotionaler und mehr denn ja mit Blues-Touch, so war man plötzlich. Trotzdem war die Elektronik nicht vergessen, stattdessen wurde sie wichtiger denn je, ersetzte bei Zeiten die Drums. Gleichzeitig waren Gitarrenekstasen nicht mehr das Nonplusultra.
Das brachte immerhin Nominierungen bei den Austrian Music Awards ein, gefolgt von der zügigen Rückkehr von Manfred Mader, mit dem man wieder im anfänglichen Quartett-Format aufspielt. Und während die Festivals zunehmend größer wurden, plante man bereits die vierte LP, die sich selbstbetitelt für 2015 ankündigt und mit Sicherheit den nächsten neuen Farbton zum ohnehin schon bunten Mikrokosmos der Salzburger Rockfabrikanten hinzufügen wird.
Wertung: In puncto Originalität kann man hierzulande eigentlich alles in Frage stellen, doch auch wenn die Steaming Satellites ganz sicher nicht auf revolutionären Pfaden wandeln, haben sie zumindest der heimischen Musikwelt etwas hinzugefügt, das in dieser Kombination vielleicht 40 Jahre zu spät kommt, aber immerhin einmal da ist. Bluesige Klänge im althergebrachten Gewand der ultimativen Ära des Rock, das kann doch einiges, wenn die Jungs es richtig hinbekommen.
Hörprobe #1: So I Fell Down -
Leadsingle des Albums "Slipstream"
Hörprobe #2: Honey -
Single der self-titled LP
Neurotic Handshake At The Local Clown Party
2006
Slipstream
2013