Various Artists - Good Will Hunting

 

Good Will Hunting

 

Various Artists

Veröffentlichungsdatum: 02.12.1997

 

Rating: 8 / 10

von Kristoffer Leitgeb, 29.08.2015


Ein ausbalancierter Musiker-Mix mit folkigem Trumpf-Ass.

 

Es gibt da angeblich so ein altes Sprichwort unter Sängern, das besagt: Wennst schon nicht gut singen kannst, musst wenigstens laut singen! Ein Credo, das, so scheint's zumindest, ganz allgemein in der Musik oft Anklang findet. Jetzt sind da natürlich viele, die mit Batzen Talent trotzdem relativ laut sein wollen. Vor allem die vereinigte Punker-Gilde dürfte aber doch auch deswegen in der Lautstärke energetischer Power Chords Zuflucht suchen, weil es mit den elaborierten Finessen oft nicht so weit her ist. Natürlich wird auch bei den Soundtracks gern mit pompösen und dementsprechend unleisen Methoden für Nebelschwaden gesorgt, die den klaren Blick auf das Können der Beteiligten kaum zulassen. Wer weiß, vielleicht ist gar John Williams ein Stümper, der sich mit überlebensgroßen Kompositionen nur am eigentlichen Urteil vorbeigeschummelt hat. Naja, gibt realistischere Annahmen...

Sei's, wie's sei, manche Filme lechzen einfach danach, nicht klanglich erdrückt zu werden, da hilft dann kein noch so gigantisches Orchester. "Good Will Hunting", das in Film gegossene philosophische Seminar, ist natürlich genau so ein legendäres Stück, das fernab jeglicher Dezibelrekorde begleitet werden muss. Gescheit, wie er ist, holt sich Danny Elfman aber Unterstützung aus ganz anderen Lagern. Es wird also nicht sein großer Auftritt, die Qualität leidet darunter aber kein bisschen.

 

Wobei der Maestro schon kurz aufzeigen darf inmitten dieser auf den ersten Blick etwas wüsten Zusammenstellung von Songs. Seinen Score hat man erst 2014 offiziell veröffentlicht, auf dem eigentlichen Soundtrack findet man ihn nur zweimal wirklich. Dort gibt er zwar nicht gerade Vollgas, doch seine vielschichtigen Arrangements, in denen sich Klavier, Gitarre, Streicher und Flöten immer wieder gegenseitig ablösen, sorgen für eine elegante Untermalung. Die gibt sich vor allem fernab der dazugehörigen Bilder allzu harmonisch und brav, auf Dauer also über Gebühr unspektakulär, gegen den Theme Song Will Hunting spricht allerdings auch so beim besten Willen wenig. Doch schon das eigentlich eröffnende Between The Bars zeigt die wahre Rollenverteilung hier auf. Elfman darf 'mitspielen', ist aber dann doch nur Assistent für das allseits verehrte Folk-Bürschchen Elliott Smith. Und der ist mit seinen reinen Akustik-Stücken bar jeglicher Percussion und mit seiner der Monotonie verpflichteten Stimme genau die Ruhe in Person, die Film wie Soundtrack bitter nötig haben.

 

Wirklich voll Einschlagen sollte der ewige Solist aber trotzdem erst anderswo. Wie man bald merkt, hört man ihn gern beschwingt und träumerisch, so wie er das mit seinen Akkorden eigentlich sowieso fast immer ist. No Name #3 und Say Yes geben sich da ein freudiges Stelldichein, überzeugen als Bausteine des Grundgerüsts, das Smiths Songs hier zwangsläufig darstellen müssen, sind sie doch über die gesamte Tracklist verstreut. Wobei die Abkanzelung zum reinen Baustein ohnehin ungerechtfertigt ist, denn hier liegt in der Ruhe tatsächlich genug Kraft, um diese merkwürdig vor sich hin schwebenden Tracks auch ohne jegliches spektakuläres Element am Leben zu erhalten. Das Bullseye trifft er jedoch mit Angeles, der ultimativen Form seines Trademark-Sounds, verfeinert mit den nötigen Prisen Melancholie und Romantik, musikalisch aber auch mit der fraglos feinsten Klinge, die er an seinen sechs Saiten finden konnte. Man lässt sich ein bisserl verzaubern von ihm, auch wenn sich der Song als Abrechnung mit L.A. oder dann doch wieder nicht eher etwas kryptisch gibt. Ähnliche Magie versprüht ja auch Miss Misery irgendwie. Nicht ganz so sehr, vielleicht nur wegen der urplötzlich auftauchenden Drums, die davor doch so gar keinen Platz im Smith'schen Klanguniversum hatten. Überhaupt ist er in seinem beinahe-Grammy-Song ein wenig lauter - ungefähr 2 Dezibel dürfte er zugelegt haben -, mutiger und etwas abwechslungsreicher. Und das macht sich bezahlt, es führt nämlich nur schwer ein Weg am Track vorbei.

 

Tja, und dann ist da noch der Rest. Also neben dem erwarteten Hauptdarsteller (Elfman) und dem eigentlichen (Smith) noch ein kleines Häufchen anderer Interpreten, die man sich in der weiten Musikwelt zusammengesucht hat. Wie das bei der Herangehensweise so ist, passen da die einen eher hinein, die anderen weniger. Man freut sich bald darüber, dass sich die Waterboys mit ihrem erdigen Folk-Rock ein Stelldichein geben. Deren Fisherman's Blues ist zwar thematisch eher eine Fehlbesetzung, kann aber dafür musikalisch nur Gutes anbieten, angefangen bei der starken Rhythm Section über die klassische Kombi aus Mandoline und Violine bis zur Mike Scotts markiger Stimme. In anderen Gewässern fischt (pun intended!) dagegen Andru Donalds. Dessen eigenwillige Mischung aus Soft Rock und Reggae in Somebody's Baby sorgt für den energiegeladensten Moment der LP, auch wenn ihm das die Dandy Warhols, die mit ihrem Boys Better für den typischen 90s-Rock-Moment der LP sorgen, nie verzeihen werden.

Weil soweit alles ursupertoll war, fragen wir doch einmal nach, warum eigentlich Al Green unbedingt auf den Soundtrack musste. Jetzt gilt dessen How Can You Mend A Broken Heart? als Klassiker, zieht sich aber trotz aller gesanglicher Qualität des souligen Edelbarden in eine schmalzige Länge, dass es schwierig wird. Schwierig vor allem deswegen, weil rundherum verliebte Romantik zu finden ist, die einem weniger mühsam und kitschig vorkommt. Ins gleiche Eck müssen sich auch die Indie-Leute von Luscious Jackson verabschieden. Warum die in ihrer latenten Mittelmäßigkeit da aufkreuzen, scheint ähnlich rätselhaft.

 

Man kann aber trotzdem wirklich zufrieden sein mit der Ausbeute. Angeführt vom standhaft starken Elliott Smith versammeln sich ein paar feine Pop-, Rock- und Folk-Nummern auf dem Soundtrack, der sich damit zuallermindest von jeglicher Langeweile so weit wie möglich entfernt. Natürlich bleibt irgendwo auch die Erkenntnis, dass man für den Großteil der Songs einfach die Alben der jeweiligen Interpreten hernehmen könnte. So ein stark austariertes Potpourri lässt sich aber allein deswegen nicht im Handumdrehen wegdiskutieren, weil man selten genug zu einer LP kommt, die Waterboys und Dandy Warhols zusammen bringt, ob man das nun immer schon gewollt hat oder nicht. Man ist also hier im Fluss und doch nicht zu geradlinig, ruhig und doch nicht zu gemächlich. Das sollte doch auch für den kritischsten Geist reichen.

 


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