With a little help from my friends: Mit altbewährtem Credo dem Solo-Highlight entgegen.
Es gibt viele Gründe, Ringo Starr inmitten der großen Namen der Musikgeschichte einen Platz einzuräumen. Auch wenn das viele anders sehen mögen, war der Witzbold vom Dienst selbstverständlich ein großartiger Drummer, dessen Spielstil ohne technische Finessen auskam und immer songdienlicher Natur war. Mehr aber noch gebührt ihm der Respekt dafür, dass er der heimliche Star der Beatles war, der das Bandgefüge zusammenhielt und auch die eine oder andere Kränkung runterschluckte, selbst den in den Studiojahren der Band voranschreitenden Bedeutungsverlust seiner Person (nahezu) immer professionell nahm. Phasenweise wie ein Session-Musiker herumgeschickt und besonders von McCartney, der bei wachsender Unzufriedenheit und Kontrollsucht die Drum-Parts direkt selbst einspielte, stiefmütterlich behandelt, ist es fast ein Wunder, dass der gute alte Ringo abgesehen von einer kurzen, zehntägigen Auszeit bis zum endgültigen Ende der Beatles an Bord blieb. Man könnte zynisch behaupten, Starr wäre der einfachste Geist der Fab Four und würde auch rechtbehalten, ebenso damit, dass der Drummer aufgrund seines innerhalb der Band vergleichsweise bescheidenen Talents wohl am dankbarsten sein durfte, dabei sein zu können. Aber damit würde man diesem feinen Kerl und Member of the Order of the British Empire doch nicht gerecht werden.
Außerdem ist da ja noch dieses eine gute Album, für das Ringo post-Beatles noch gut war. Ringo heißt das gute Stück, ist immerhin drittes von mittlerweile knapp zwanzig Studio-Alben und bescherte dem Briten zumindest ein einziges Mal in seiner Solokarriere wahrnehmbar positiven Zuspruch. Was zum großen Teil daran liegt, dass Ringo noch ein gutes Stück weiter davon weg ist, wirklich Solo-Album zu sein wie sein übriger, von Gästen nur so gespickter Output. Besonders pikant ist, dass mit George Harrison, John Lennon und Paul McCartney die ganze Ex-Band vertreten ist. Nie zu viert auf einem Track, dafür war die Beziehung Lennon-McCartney zu strapaziert, aber immerhin auf einem Longplayer vereint. Lennons einziger Beitrag, das eigens geschriebene I'm The Greatest, eröffnet den Starreigen. Ursprünglich für die Inklusion auf eigenem Album intendiert, aber um die Resonanz, die die von Muhammad Ali legendär gemachte, titelgebende Zeile auslösen würde, besorgt, überließ der Troubadour sie seinem alten Kumpel, bei dem die Message weitaus humorvoller schallen würde. Ein Triumph auf vielen Ebenen, auch, weil mit Harrison, der auf Ringo von den ehemaligen Kollegen am häufigsten vertreten ist, zusammen der einzige Track aufgenommen wurde, auf dem Post-Beatles drei Mitglieder der Band auf derselben Nummer zu hören sind. Der Track an sich ist okay, dank Lennons und Harrisons Zutun auf Klavier und charakteristischer Slide Guitar, sowie Starrs sarkastischem Gesang, den Glam-Rock-Bläsern und einem Hauch Vaudeville.
Generell atmet Starrs beste LP ein wenig den Zeitgeist der frühen 70er, was sich auch mit Marc Bolan als Aushilfegitarrist am unspektakulären Randy Newman-Cover Have You Seen My Baby niederschlägt. Andere namhafte Gäste sind etwa Robbie Robertson, Levon Helm und Garth Hudson von den kanadischen Legenden The Band, die den von Harrison bereitgestellten Ausflug in Richtung Country und Western, Sunshine Life For Me (Sail Away Raymond), veredeln, der alte Apple-Kollege Billy Preston oder Pop-Ass Harry Nilsson. Die Liste geht natürlich noch weiter, würde aber schon bald in ein zeilenfressendes Namedropping münden. Die Musik, zu der sich Ringos markanter, aber wenig taktvoller Bariton bewegt, ist den Namen entsprechend elegant, auch die Tracks machen über weite Strecken Spaß.
Inmitten all der prominenten Gäste und hübschen Kollaborationen sticht eine aber sehr deutlich hinaus. Photograph, gleichzeitig Lead-Single und einzige Nummer mit dem Credit Starkey-Harrison, ist brillanter nostalgischer Pop-Rock mit Glam-Affinität und unwiderstehlicher Melodie, steht heute nicht umsonst als Signatursong einer wackligen Solokarriere. Dazu noch Harrisons gediegener Backgroundgesang und fertig ist das kleine Sound-Perlchen, das auf Ringo seinesgleichen sucht. Auch, weil die von Starr alleine oder mit seinem Buddy Vini Poncia verfassten, Rock- und Blues-infizierten Stücke im Fahrwasser vom Pop der 50er prinzipiell schon reichlich blass sind. Ganz schlimm ist etwa das Geschunkel der dritten und letzten Single Oh My My, die sich zwischen Las Vegas-Showmanship und röhrenden Bläsern nicht entscheiden kann, daneben wirkt sogar das theaterfreundliche Leichtgewicht Step Lightly samt Stepptanzeinlage nicht ansatzweise so träge, wie es isoliert tönt.
Am Ende des Tages war es für Ringo Starr ohnehin immer die beste Entscheidung, sich auf seine Freunde zu verlassen. Besonders auf die drei, mit denen er einst die Vereinigten Staaten eroberte und sich im Pepperland tapfer den Blue Meanies entgegenstellte. Denn genau wie Lennons I'm The Greatest, ist auch das vom Ehepaar McCartney geschriebene Six O' Clock mit deren tatkräftiger Unterstützung keine Offenbarung popmusikalischer Gesinnung. Mit seiner hochmelodischen Ausrichtung und den schönen Harmonien fügt sich die Nummer aber wunderbar in den Albumkontext ein und macht offensichtlich, warum Ringo tatsächlich Starrs beste LP ist. Lennons zynischer Humor, McCartneys perfektionistisches Pop-Verständnis und Harrisons Anfang der 70er noch höchst ausgeprägter Drang, Songs zu schreiben und daran zu arbeiten, machen gemeinsam mit den anderen brauchbaren Gastbeiträgen ein für Starrs Solokarriere untypisch rundes Album, das zwar über die volle Laufzeit Genie vermissen lässt, das Herz aber immerzu am rechten Fleck hat. With a little help from his friends hat es Ringo dieses eine Mal also tatsächlich geschafft.