Queens Of The Stone Age - Songs For The Deaf

 

Songs For The Deaf

 

Queens Of The Stone Age

Veröffentlichungsdatum: 27.08.2002

 

Rating: 7.5 / 10

von Mathias Haden & Kristoffer Leitgeb, 15.05.2016


Erfrischend ungemütlicher Wüstenritt, der keine Rücksicht auf Verluste nimmt.

 

Die Wüste. Endlose Weiten an Sand, einsame Nächte im Mondschein. Nicht erst seit den Geschichten von 1001 Nacht lösen Vorstellungen an die naturgewaltige Schönheit der klassischen Sandwüste bei unzähligen Menschen romantische Gefühle aus. Auch die weniger paradiesische Wüste Palm Desert in Kalifornien geizt nicht mit natürlicher Pracht, bringt Leute um den Globus für gewöhnlich aber aus anderen Gründen zum Seufzen. Dort formierte sich Anfang der 90er um die Band Kyuss und deren Frontmann Joshe Homme eine Szene und damit verbunden die wohl letzte Sternstunde des Hard Rock.

 

Kyuss ist mittlerweile längst tief unter den Sanddünen begraben, Homme und seine in weiterer Folge gegründete Band Queens of the Stone Age treiben allerdings bis heute ihr Unwesen. Fragt man die Kritiker, liegt der Höhepunkt im Schaffen der sogenannten Desert-Rock (Verschmelzung von Hard Rock mit Psychedelia, Blues, Grunge etc.)-Band im 2002 erschienen Songs For The Deaf. Warum, ist rasch erklärt. Auf keinem anderen Album gelingt es der Band so gut, die Brachialität und die wütenden Riffs der Frühphase mit Hommes universalem Pop-Verständnis zu vermählen und darüber hinaus in eine sehr bedrückende Atmosphäre einzuweben - die Erfolgsformel von Rated R also weiterzuentwickeln. No One Knows, der Klassiker der LP, des modernen Hard Rock und allgemein der Post-9/11-Musikrezeption steht sinnbildlich für diesen Progress, zündet die knackigsten Riffs und kontrastiert diese mit Hommes fast schon softem Gesang. Wie sich das alles in der Hook dann zu einem gewaltigen Sog zusammenwirbelt, ist noch einmal eine andere Geschichte. Eine gute, wohlgemerkt - ihr würdet sie mögen! Auch anderswo spielen Homme und Bassist Nick Oliveri ihre Klasse aus. Der zweite und der dritte bekannte Track, First It Giveth und Go With The Flow respektive, setzen auf diese, rumpeln sich zwischen groovender Basslines und dröhnender Gitarrenwucht wie ein wütender Sandsturm durch die Boxen. Sonderlob gebührt auch Gasttrommler Dave Grohl, dessen distinktives Spiel Songs For The Deaf einen wunderbaren Drive mitgibt. Seine Arbeit mit Nirvana und Foo Fighters in allen Ehren, wirkt er wohlplatziert wie nie zuvor und drückt so Stücken wie A Song For The Deaf, das wie einige andere vom nicht umsonst geschätzten Mark Lanegan vertont wird, oder eben First It Giveth seinen Stempel auf.

 

Leider lassen sich beim immerhin eine volle Stunde andauernden, staubigen Wüstenritt auch weniger erfreuliche Dinge ausmachen. Die beiden von Nick Oliveri gesungenen, eher gescreamten You Think I Ain't Worth a Dollar, But I Feel Like a Millionaire und Six Shooter sind beizeiten unerträglich, wobei ersteres wenigstens auf Hommes gewohnt starke Gitarrenarbeit bauen kann. Auch ist am Ende, bevor A Song For The Deaf wieder ordentlich wirbelt und mit Mosquito Song der unerwartete, aber kongeniale Akustikcloser das Geschehen abrundet, die Luft draußen, ist man den immer wiederkehrenden Gitarrenmotiven, den brachialen Härteeinlagen und den bizarren, aber nicht unpassenden Radio-Interludes etwas überdrüssig. Ein wirklich gutes Album haben Wüstensohn Josh Homme und seine Queens of the Stone Age dennoch hinbekommen. Dafür zolle ich den verdienten Respekt. Und nun gehe mit dem Flow, werter Kollege!

 

M-Rating: 7 / 10

 


Erbarmungslos und treffsicher schenken Homme und seine Kollegen den Tauben einen Ohrenschmaus.

 

Schlangen, Skorpione, ein gigantisches Nichts dort, wo Wasser sein sollte, Treibsand. Das sind die wunderbaren Dinge, die die Schönheit der Wüste einem so kredenzt, während man in ihr umherirrt auf dem Weg vom Homo Sapiens zum Dörrobst. Ein äußerst menschenfeindliches Areal also eigentlich in dem fast nichts so wirklich gedeihen will. Unnötig, dort vorbeizuschauen, hätte die Menschheit die ein oder andere Wüste nicht schon längst mit Städten, Highways und Tonstudios zugepflastert. Es geht also doch auch dort, wer hätte das eher unter Beweis gestellt als Josh Homme und Entourage im Jahre 2002?

 

Der Kollege sagt ja, ich solle mit dem Flow gehen. Dahingehend ist anzumerken, man kann, muss aber Go With The Flow nicht mehr lieb haben als den überwiegenden Rest der angebotenen Songs. Ein bisserl gar melodisch, das Ding. Schon schön, die hellen Gitarren-Spielereien zu hören, aber dem Credo der Beschwingtheit wurden vielleicht etwas zu viel vom Punch und der hinreichend belegten Drummer-Güte von Dave Grohl geopfert. Daneben gehaut wird trotzdem auch hier nicht, aber es gibt ganz andere Kandidaten für Spitzenplätze.

Zu Anfang ist es noch Nick Oliveri, der den pfundigen Opener You Think I Ain't Worth A Dollar,... mit seiner Stimme ins Mittelmaß hinunterzieht. Was sich danach allerdings entfaltet, ist das kraftvolle Rock-Manifesto des Josh Homme. Ein elektrisierendes Hard- bzw. Blues-Rock-Feuerwerk, das er einem da mit No One Knows und dessen kantigen Riffs, mit First It Giveth und dessen drumgetriebener Punkigkeit zündet. Es sitzt jeder Ton, so er nicht in Form unnötiger, den Fluss zerstörender Radio-Einspielungen kommt. Und trotz der albumübergreifenden Affinität für einen Gitarrenklang, der einen direkt in die frühen 70er zurückschleudert, bleibt mangelnde Abwechslung ein Thema, das nie aufgegriffen wird. Mit den harten Metal-Einflüssen des Titeltracks freundet man sich genauso schnell an wie mit dem Psychedelic-Ausflug von The Sky Is Fallin' und den g'schwinden Riffs von Hangin' Tree. In all dem steckt penible Produktion, vor all dem steht die fast schon sanfte Stimme Hommes, der sich unbeeindruckt von musikalischen Kraftakten nicht die Ruhe nehmen lässt. Und natürlich, was wäre eine solche LP ohne die hymnischen Refrains, die einem bis auf wenige Ausnahmen überall begegnen?

 

Nicht so viel, das beweisen allein jene Tracks, denen diese Qualitäten fehlen. Den Albumloser Six Shooter verursacht zwar ganz allein Oliveris Anti-Gesang, doch auch das schleppende God Is In The Radio oder Gonna Leave You verführen zu keinen Begeisterungsstürmen. Die Air Guitar will man immer noch auspacken, doch die so vorteilhafte Eindringlichkeit und die nötige Energie, sie verlassen die Band bei Zeiten. Immer dann ist man in der Wartephase, in der man nur den nächsten Top-Track herbeisehnt. Wie gut, dass es da einen Closer namens Mosquito Song gibt. Ganz untypisch, mit der Akustischen, kristallisieren sich die finalen Minuten mit als die besten heraus. Homme, er klingt nach Robert Plant, die Band, sie klingt fast nach "Led Zeppelin III". In Wahrheit sogar noch feiner, denn aus der Kombination der Flamenco-Gitarren mit dem Akkordeon, Klavier und dem großen Auftritt der Streicher- und Horn-Parts entsteht genau die richtige Art monumentalen Bombasts, die einen fesselt und nicht mehr loslässt.

 

Auch "Songs For The Deaf" als Ganzes könnte soweit kommen, allein, die Übung gelingt nicht ganz. Nicht immer klingt einem musikalische Größe in den Ohren, manchmal ist es auch einfach nur passabler Rock. Doch Josh Homme hat dafür gesorgt, dass sehr viel am richtigen Platz ist und dass der Rock auch im neuen Jahrtausend noch einigermaßen erblühen darf. Dafür gebührt ihm schon ein ordentliches Lob.

 

K-Rating: 8 / 10

 


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