von Mathias Haden, 30.10.2015
Da rockt die Wüste - Queens of the Stone Age kehren zu härteren Klängen zurück.
Josh Homme gehörte in den vergangenen Jahren zu den bedeutenderen Persönlichkeiten der Rockmusik. Von Kennern und Liebhabern des breiten Spektrums an Subgenres des härteren Rock verehrt, ist er unter Massen an Heavy Metal und Hard Rock-Fans eine wahre Ikone. Dazu gesellen sich noch spezifischere Definitionen wie Stoner- oder Desert-Rock, was die auch immer darstellen mögen. Fakt ist, Rotschopf Homme erreicht die Massen. Egal, ob mit seiner frühen Band Kyuss, den Eagles of Death Metal, seinem Projekt Them Crooked Vultures (mit Dave Grohl von den Foo Fighters und John Paul Jones von Led Zeppelin) oder aber seiner vermutlich erfolgreichsten und bekanntesten Gruppe, den Queens of the Stone Age. Seit 1996 verwöhnt man die konstant wachsende Fanszene in anfangs noch regelmäßigen Abständen mit lärmendem Output. Dass dieser auch bei Kritikern meist gut ankommt, ist dann noch ein erfreulicher Bonus. Im Juni 2007 war es wieder so weit. Das fünfte Album Era Vulgaris kam in die Läden und verkaufte sich ganz gut, ohne aber an alte kommerzielle Triumphe anzuschließen.
Soviel zu den Fakten. Wer Josh Homme kennt, der weiß, dass dieser sich nie mit mäßigen Ergebnissen zufrieden gibt. Um den bestmöglichen Klang seiner Band zu gewährleisten, mussten schon einige personelle Rochaden vollzogen werden. Um den charakteristischen, bombastischen QotSA-Sound zu kreieren, müssen die Mitglieder fähige Multiinstrumentalisten sein. Um diesen auch wirklich zu bewerkstelligen, fand sich auch wieder eine Reihe an Gastmusikern ein. Prominente Auftritte von anderen renommierten Künstlern waren auch angekündigt, letztlich kann man sich aber nur über Strokes-Sänger Julian Casablancas und Mark Lanegan freuen.
"It sounds like 'the Vulgar Era'", so Homme auf die Frage nach der Wahl des Titels. Den untypischen, softeren Tönen von Vorgänger Lullabies to Paralyze sollte hier ein erneuter Kurswechsel stattfinden, düstere, pessimistischere Pfade eingeschlagen werden. Mit krachenden Gitarren und elektronischen Hilfsmitteln einen härteren Ton anschlagen.
Das ist im Wesentlichen auch über die gesamte Länge ersichtlich. Bezeichnendes Beispiel: Lead-Single Sick, Sick, Sick. Mit störrisch krachenden Gitarren wälzt diese alles nieder was sich ihr in den Weg stellt. Der vorher erwähnte Casablancas ist auf diesem Track vertreten, allerdings wurde sein Gesang sehr weit in den Hintergrund produziert. Auf den anderen Songs spielen die crunchigen, häufig verzerrten Gitarrenwände ebenfalls eine primäre Rolle.
Bis jetzt lieferten die Queens immer anspruchsvolle Resultate ab, auf Albumlänge sind sie mit ihrem Wüsten-Rock aber doch etwas zu eindimensional. Das ist auch auf ihrem fünften Album nicht ganz wegzuleugnen. Die Band gibt alles, fetzt was das Zeug hält. Auch die Texte sind lesenswert. Aus Homme wird zwar nie ein Poet werden, das Gefühl, eine Hymne zu erschaffen und zu jeder Zeit einen bemerkenswerten Riff aus dem Hut zu zaubern, besitzt er jedenfalls augenscheinlich. Obwohl man hier gut unterhalten wird, fehlt einem als Nicht-Metal-Head dann trotzdem etwas die Abwechslung. Auch wenn sich ein paar ruhigere Nummern finden.
Die funktionieren sogar ganz gut. Das ein wenig gar offensive, im Falsetto lieblich vorgetragene Make It Wit Chu oder das fast weinerliche Sensibelchen in Form von Suture Up Your Future nehmen dem ganzen Noise erfreulicherweise ein bisschen das Tempo raus und sorgen für musikalische Flexibilität. Das man bei einer gitarrenorientieren Band die Höhepunkte woanders suchen muss, erklärt sich selbstredend. So überragt besonders das mit einem herrlichen Riff gesegnete, an Nirvana erinnernde 3's & 7's. Auch sehr stark das ironische I'm Designer, auf dem Homme über die Macken seiner Generation herzieht.
"My generation's for sale
Beats a steady job.
How much have you got?
My generation don't trust no one
It's hard to blame
Not even ourselves
The thing that's real for us is fortune and fame
All the rest seems like work.
It's just like Diamonds
In shit"
Dieser wird mit jedem Hören noch besser, wirklich.
Die Mängel auf Era Vulgaris sind genau wie die Stärken eigentlich schnell gefunden. Sind es auf der einen Seite die großartigen Riffs und das beachtliche Zusammenspiel des damaligen Trios (weiters bestehend aus Troy van Leeuwen und Joey Castillo), sind es auf der Kehrseite die fehlenden Gesangsstimmen, die alte Veröffentlichungen ausgezeichnet hatten. Besonders Ex-Bassist und Gelegenheitssänger Nick Olivieri fehlt an allen Ecken und Enden. So wirkt alles auf Frontmann Homme zugeschnitten. Dazu eben noch die angesprochene, aufkeimende Monotonie. Songs wie River In The Road (trotz starker, treibender Drums und dem Gastauftritt Lanegans) hören sich eher nach wenig inspiriertem Geklampfe an.
Die Queens of the Stone Age legen mit ihrem fünften Album ein sehr solides, angenehm befremdlich produziertes Werk dar. Auch 10 Jahre nach ihrer Entstehung steht die Band noch für beeindruckende Riffs und polternde Songs. Nach einer untypischen LP wurde hier wieder in die richtige Richtung gearbeitet. Weder die starke Produktion, noch die ambitionierten Songs können aber über die Mängel hinwegtäuschen. Kontrollfreak Homme wirkt, als hätte er sich bei seinen zahlreichen Projekten ein wenig übernommen und könnte die Abstinenz Olivieris nicht ganz kompensieren. Dazu nutzt sich der einzigartige Sound, der die Band zu einem renommierten Act gemacht hat, langsam aber sicher ab. Fans dürfen dennoch durchatmen und sich ein solides Album gönnen. Und dann noch dieses Cover!