Eine grauenhaft kitschige Ode an die liebste Jahreszeit der seichten Musik.
One-Hit-Wonders. Man kennt sie, man verachtet sie, und doch kann man sie alle auswendig mitpfeifen, alles nur nicht vergessen oder verdrängen. Solange es die Charts gibt, solange gibt es auch all diese Kandidaten, die sich über einen Sommerhit definieren ließen oder einfach zur rechten Zeit am richtigen Ort bzw. beim richtigen Produzenten waren. Einiges fällt uns da ein aus den letzten Jahren. Was ist beispielsweise aus Carly Rae Jepsen geworden nach ihrem omnipräsenten Call Me Maybe? Okay, hier kann man immerhin das Altersargument bemühen, die hat ja noch einige Zeit um ihren Erfolg zu bestätigen. Prominente Beispiele natürlich auch der letzte Woche vom Kollegen K erwähnte Daniel Powter oder hoffentlich auch die rumänische House-Künstlerin Alexandra Stan, deren Mr. Saxobeat innerhalb eines Jahres die 10 Mio. Marke knacken konnte. Auch Owl City, das Projekt des Singer-Songwriters Adam Young fällt durchaus in besagte Kategorie, verbindet man doch nur selten einen Namen so stark mit einem einzigen Songtitel.
Dieses kleine Schmuckstück, das uns monatelang wie ein hartnäckiger Herpes im Ohr saß, hört auf den Namen Fireflies. Dass man sie nach fünf Jahren trotzdem noch ruhigen Gewissens hören kann, verdankt die romantische, kleine Elektro-Pop-Hymne ihrem positiv anmutenden Refrain und einer netten Melodie. Auch mit Adam Youngs mit einiger Elektronik unterlegter Stimme hat man zu diesem Zeitpunkt der aufdringlichen Radiopräsenz anno 2009 noch keine Probleme.
Das soll sich schlagartig ändern, als man dann die mittlerweile zweite LP des Projekts am Plattenteller liegen hat. Youngs Auto-Tune-Effekt, der diese knappe Dreiviertelstunde mehr als nur füllt, fängt bereits früh an zu nerven und bevor man überhaupt bei besagter Single, dem neunten Track angekommen ist, hat man ihn längst zum Teufel geschickt. Schade eigentlich, bringen die zwölf selbstgeschriebenen Stücke zwar weder neue, noch annähernd essentielle Erkenntnisse, trotzdem hat sich dieser (und jeder andere) junge Mann mehr verdient, als seine persönlichen Geschichten unter Unmengen an Keyboards, Synthesizern und allerlei Effekthascherei zu vergraben.
Die Stimmung ist jedenfalls positiv, das sehr sommerliche Artwork (mit dem Burj Al Arab in Dubai) passt auch hervorragend zu Youngs verträumten Sommernachtsträumen über die Liebe, seine Angst vorm Zahnarzt (Dental Care) oder eben halt doch über die Liebe. Auch die Songtitel sitzen wie angegossen, jene der Marke Vanilla Twilight oder Meteor Shower bringen adoleszente Mädchen bestimmt zum Seufzen. Leider ist die Musik so seicht, wie man es anhand dieser Beschreibungen schon längst vermuten konnte. "Home will always be here, unseen, outta sight / Where I disappear and hide / I think dreamy things as I'm waving goodbye / So I'll spread out my wings and fly" singt Young etwa in Umbrella Beach und man erinnert sich an die eigene Jugend, als man mit Kitsch noch wesentlich besser umgehen konnte. Den Bogen überspannt der Süßholzraspler dann mit dem grauenhaft romantischen Vanilla Twilight, in dem er feststellt:
"The silence isn't so bad
Till I look at my hands and feel sad
'Cause the spaces between my fingers are right where yours fit perfectly"
Erinnerungen werden wach, an den letzte Woche in die Mangel genommenen Bieber-Bruder. Dem kann man immerhin zu Gute halten, dass er seine schleimigen Songs nicht (gänzlich) selbst schreibt. Wir stellen fest: Das Songwriting könnte besser sein. Viel besser sogar. Aber was wäre ein gelungener Sommer ohne seine naiven Gute-Laune-Parolen über Strandspaziergänge oder Romantik unterm Sternenhimmel, ja sogar winterliche Thematiken wie in The Tip Of The Iceberg schmelzen in der tropischen Hitze der Glückseligkeit regelrecht dahin.
Ich wünschte nur, hier käme der Punkt, an dem ich stolz bekannt gebe, zumindest der musikalische Teil könnte einiges retten. Elektronische Beats, Loops und viel Computergeplänkel machen einem das Leben aber auch dann schwer, wenn man Youngs gesangliches Zutun komplett ausblenden kann. Umbrella Beach weiß dank seines Ausbruchs im Mittelteil zumindest ansatzweise zu gefallen, ebenso der melodische Ohrwurm Hello Seattle; der beste Track bleibt traurigerweise allerdings Fireflies. Und ich schäme mich beinahe es zu verlautbaren, aber das schmalzige The Saltwater Room weiß dank netter, weiblicher Duettbegleitung von Breanne Düren auch irgendwie zu gefallen. Die restlichen acht Titel sind im besten Fall furchtbar belanglos, im schlechtesten einfach nur übelster Schund.
Selbst bei den obligatorischen Sommer-Hits gibt es eine Grenze, die nicht überschritten werden darf; eine Grenze zwischen angewidertem Kopfschütteln und purem Hass. Adam Young alias Owl City ist mit der Bruchlandung seiner zweiten LP Ocean Eyes sehr nahe dran, auf der falschen Seite der Trennlinie aufzuschlagen. Seinem relativ sympathischen Auftreten und einiger netter Soundspielereien mit Glöckchen und Cello verdankt er es, nicht in unverhoffte Tiefen von Hefty Fine zu fallen. Ich würde ja empfehlen, beim nächsten Mal einfach ein lockeres Singer-Songwriter Album mit akustischer Gitarre und Klavier zu gestalten, die aufdringliche Elektronik nur für einige einzelne Nummern aus dem Keller herauf zu holen. So klingt das nämlich, als würde man die Schnittstelle zwischen Ballermann und pubertierenden Mädchen anvisieren und das muss nun wirklich nicht sein. Aber wer fragt schon mich…