von Kristoffer Leitgeb, 07.12.2013
Amerikas mühsamste Fun-Punker bieten ihr bei weitem intelligentestes Album.
Es gibt Bands, die mag man einfach nicht. Einerseits hätten wir da die ganz generellen Unsympathler wie die peinliche Party-Truppe der Black Eyed Peas, die mit jedem Album ein neues musikalisches Tief erreicht. Es gäbe noch Unzählige, jetzt viel wichtiger sind aber die ganz individuellen Antipathien gegenüber einzelnen Bands. Da hat jeder so seine Schwachstellen und da gibt's ja genug Interpreten, die zu polarisieren wissen. Da hätten wir die Killers, Weezer, Taylor Swift, Rammstein, My Chemical Romance, Fall Out Boy, ....so, ich hör schon auf. In dieser Liste finden sich irgendwann die von Vielen geschätzten Punk-Veteranen von NOFX, die seit Mitte der 80er ihr Unwesen treiben. Mit erhellenden Album-Titeln wie "Heavy Petting Zoo" oder "White Trash, Two Heebs And A Bean" oder aber Songs wie Linoleum und Hot Dog In A Hallway haben die vier Kalifornier eine jubelnde Fan-Base und beinahe ebensoviele Kritiker. Mit "The War On Errorism" scheinen die Jungs aber dann doch, völlig überraschend für alle Beteiligten, erwachsen zu werden.
Das haben wir tatsächlich George W. Bush zu verdanken, dessen Konterfei das Cover ziert und dessen Wahlsieg, kombiniert mit einem 'außergewöhnlichen' Regierungsstil die Band zu so manchem Song hier inspiriert hat. Von Anfang bis Ende wird die US-Gesellschaft angeprangert, durchsetzt von so manchem Seitenhieb auf die heutige Musikszene und mehr Lachern, als zu erwarten waren. Und das passiert alles, ohne dass der harte Punk-Sound der Band wirklich darunter leidet. Zwar ist alles besser produziert denn je und es mischen sich so manch ungewohnt Klänge unter die schnellen Riffs, der Grundtenor bleibt aber der gleiche.
Klar wird einem das schon mit dem starken Opener, The Separation Of Church And Skate. High Speed-Riff trifft Gesang, der den Namen nur mäßig verdient, dazu eine Top-Rhythm-Section und einen Text, der sich als Abgesang auf die Punk-Szene herausstellt ("When did Punk Rock become so safe, when did the scene become a joke / The kids who used to live for beer and speed now want their fries and coke"). In Kombination ein würdiger Beginn. Ohne etwas an Energie einzubüßen schafft die Band mit The Irrationality of Rationality und Idiots Are Taking Over Gesellschaftskritik auf hohem Niveau. Es kümmert einen wenig, dass Frontmann Fat Mike kaum singen kann, wenn er einem nur "Dan, the company man, felt loyalty to the corp / After 16 years of service and a family to support / He actually started to believe the weaponry and chemicals were for our security" entgegenschreit.
Unterbrochen wird dieser punkige Beginn von der Pop-Single Franco Un-American, die mehr als jede andere die Aussage des Albums wiederspiegelt. Gerade einmal vier Zeilen schaffen es da, alles zusammenzufassen, was mit der US-Bevölkerung nicht stimmt. Eine bemerkenswerte Leistung. Nach diesem überraschend starken Beginn beginnt ein langsamer aber merklicher Abstieg. Zuerst mit dem netten Pop-Punk von She's Nubs, einem der wenigen unpolitischen Tracks, gefolgt vom Song über das Camp für Punk-Pensionisten, Mattersville. Der bietet ein ganz klein wenig Ska-Sound, ist ansonsten aber verhältnismäßig ruhiger, bass-lastiger Rock, der dank seiner Länge ziemlich kurzweilig bleibt. Das Tief erreicht die Band mit Medio-Core und Anarchy Camp. Ersteres ein schwieriger Sound-Mix aus Mid-Tempo-Rock und so manchem Pop-Einfluss, der sich gegen die für die Band offensichtlich zu einfallslose Pop-Welt wendet. Letzterer thematisch ein Mattersville Pt. 2, aber mit mäßigem Ska-Sound und verzichtbarem Saxophon.
Wirklich in die Spur findet die Band wieder mit American Errorist (I Hate Hate Haters). Der setzt endlich wieder am aggressiven Beginn an, bietet die bekannten Stärken der Gitarristen Eric Melvin und El Hefe sowie Bassist Fat Mike. Danach bleibt die Band in geordneten Bahnen, bietet mit Whoops, I OD'd dank unabsichtlicher Drogenüberdosis einen kleinen Lacher, genauso wie 13 Stitches, das die etwas andere Liebesgeschichte mitsamt Story über die ewig gleichen faden Punk-Bands bringt.
Alles in allem ist ja dann alles dabei, was es braucht. Man hat ein bisschen harten Punk, ein klein wenig Ska, für das Quartett von NOFX ziemlich viel Poppiges, vor allem aber relativ viel Qualität. Sozialkritik haben die Jungs früher auch schon ab und an geboten, dabei haben sie aber, keine Ahnung warum, fast nie so gut gelungen. Mittlerweile kann man von guter Produktion sprechen, die Texte sind besser denn je und an musikalischer Vielfalt mangelt's mittlerweile sicher auch nicht (damit wäre die Frage nach dem warum eigentlich auch schon beantwortet).
Ein gelungener Auftritt also. Meine Favorites werden sie nie sein, aber dafür muss man ihnen Respekt zollen. Es ist ein Kommentar gegen die USA, der zum richtigen Zeitpunkt und eigentlich in allen nötigen Ausformungen kommt. Dass sie es nicht über Albumlänge durchziehen können und zwischendurch die altbekannten, oft mäßigen Späßchen hineinbringen müssen, scheint schade und unnötig. Denn gerade Franco Un-American steht als guter Beweis da, wie man Humor und Inhalt dann doch gut verbinden könnte. An Konstanz fehlt es "The War On Errorism" etwas, aber die Band geht hier eindeutig in die richtige Richtung.