Mando Diao - Give Me Fire!

 

Give Me Fire!

 

Mando Diao

Veröffentlichungsdatum: 13.02.2009

 

Rating: 4 / 10

von Mathias Haden, 09.08.2014


Ausverkauf in Schweden – aber nicht bei IKEA.

 

Ach, was hab ich die Schweden für ihr Ode To Ochrasy doch gelobt. Da saß beinahe alles am rechten Fleck, mit großem Pop und Rock ließ man die großen Sechziger und Siebziger hochleben und eroberte Deutschland im Sturm. Nun, mit ihrem seit jeher ausgeprägten (man erinnere sich an Stellungnahmen zur eigenen Leistung), aber stets weiter angestiegenen Selbstvertrauen und dem großen Ziel, dem lukrativen Stadionrock so nahe wie möglich zu kommen, am Radar, macht sich die Band an Album Nummer 5 ran. Und so sehr man dem Mainsteam für wunderbare Darbietungen danken muss, so sehr muss man ihn für vermeintliche Ausverkäufe hassen. Und gerade so einen liefern uns Mando Diao mit Give Me Fire!, nicht nur aufgrund seiner beeindruckenden Charterfolge.

 

Lead-Single Dance With Somebody passt da ganz gut ins Bild: Banale Disconummer und aufpolierte Produktion mit einfachsten Synthie-Melodien, mehr braucht es nicht, um zur mit Abstand erfolgreichsten Veröffentlichung der Skandinavier zu avancieren und einen typisch unguten Sommerhit in der Tasche zu haben. Das Spannendste ist da bei Weitem noch das Intro, das verheißungsvoll aufkommt, um schließlich von einem einfachen, aber packenden Beat aus dem Weg geräumt zu werden. Immerhin bewegt sich die LP, die zu allem Überfluss noch viel zu lang geraten ist, nicht in seiner Gesamtheit in Richtung Dancefloor, und bleibt vorwiegend auf der geliebten Spielwiese. Der nächste Dorn im Auge des Sympathisanten der straighten Rock ’n’ Roll-Tage der Band, ist das mühselig laszive High Heels, auf dem Gustaf Norén in seiner höchsten und unverdaulichsten Stimme quietscht und Prince ernsthaft Konkurrenz macht. In einer Stripbar, während einer nächtlichen Sause mit Al Bundy kommt die Nummer bestimmt gut, auf einem Mando Diao Longplayer eher weniger.

 

Man sieht, ich bin nicht der größte Fan von Give Me Fire! Die Jungs machen es einem aber auch wirklich schwer, bleibenden Gefallen an ihren Experimenten zu finden. Besonders gegen Ende will die LP einfach nicht zu Ende gehen, geschweige denn die einzelnen Tracks. Dieses mal im Kreuzfeuer der Kritik: Die knapp fünfzehnminütige Dreierkombo Come On Come On, Go Out Tonight, You Got Nothing On Me. Während das Mittelstück dank hübscher Melodie noch irgendwie den winzigen Fels in der Brandung darstellt und über seinen nichtssagenden Text ("I say I'm heading out / don't wanna waste my pride / I will go out tonight / and I don't love you no more") hinwegtäuscht, gehen mir bei den anderen beiden die Argumente aus. Beides lediglich lausige Versuche, etwas Härte ins softe Repertoire einzuschleusen, auch der gut gemeinte Interlude mit A Decent Life geht nicht ganz auf.

 

Mando Diao wären aber nicht Mando Diao, würde man nicht im metaphorischen Heuhaufen doch wieder einige spitze Nadeln entdecken. Und Hallo! Mit Mean Street (Martin Scorsese lässt grüßen) ist genau so ein klassischer Sechzigerhochlebungstrack, die sie uns seit ihrem Debüt um die Ohren hauen, die allerdings nie langweilig werden mit an Bord. Klasse produziert, einnehmende Melodie und packender Refrain. Dass gerade die, die auf jedem früheren Album der Gruppe platziert sein könnten, zum Stärksten zählt, was da aus den Lautsprechern dringt, verwundert nur bedingt. So sind die anderen Nummern, die mehr oder weniger restlos überzeugen, das mit tollen Harmonien gesegnete Crystal, dass wiederum sehr in Richtung Vergangenheit glotzt und trotz Überlänge einen ordentlichen Job macht, zu unterhalten und der schnörkellose Up-Tempo-Rocker Gloria, bei dem die Band alles abruft, was sie die letzten Jahre gelernt hat. Wer einmal in Diao'schen Gitarrenhölle war, der wird Textzeilen wie:

 

"So Gloria steps out of the prison

Gloria's no longer the wasted disco girl

You've been dreaming about

 

Gloria alone now forever

Gloria away in the air now

Gloria she's no longer your slave"

 

nie vergessen. Der letzte große Reißer unter den 14 immerhin abwechslungsreichen Tracks ist Closer The Shining (schon wieder eine Filmreferenz), das nach einem langatmigen Finish noch ein wenig Entschädigung betreibt und mit seinen Bläsern und seinem starkem Tempo überzeugt, ehe man eine gefühlte Ewigkeit auf den witzigen Hidden Track warten muss.

 

Skandinaviens größte Band des Millenniums ist mit ihrem modernsten Oeuvre zurück. Fakt ist leider nur, dass der sprichwörtliche Name hier nicht Programm ist. Weder wirkt das Quintett, als hätte es Feuer im Hintern, noch liefert es zündende Argumente, ihm erneut die breite Brust zu tätscheln. Viel mehr hat man das Gefühl, als würde ein gestandenes Rockgespann sich die Finger daran verbrennen, auch am fünften Album noch unverbraucht und kreativ zu klingen. Somit kann man den Burschen nicht einmal böse sein, wenn ihre Lemminge in Form von überambitionierten, aber gleichzeitig pompös langweiligen, Nummern reihenweise über die Planke marschieren. Aber hey, ich mag sie immer noch. Ich hoffe nur, Give Me Fire! und die lausige Lead-Single haben genug eingespielt, um beim nächsten Mal wieder den künstlerischen Aspekt vor den finanziellen zu stellen und meine Gunst zum Lodern zu bringen.

 

Anspiel-Tipps:

- Gloria

- Mean Street

- The Shining


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