Limp Bizkit - Chocolate Starfish And The Hot Dog Flavored Water

 

Chocolate Starfish And The Hot Dog Flavored Water

Limp Bizkit

Veröffentlichungsdatum: 17.10.2000

 

Rating: 4 / 10

von Kristoffer Leitgeb, 23.07.2015


Ein Titel, der wenig verspricht. Ein Ego, das Vieles erbricht. Ein paar starke Tracks retten das nicht.

 

Kaum ein Review hat noch so sehr danach geschrien, dass ein gewisses Thema aufs Tapet gebracht wird: Der Albumtitel. Eine verkannte Kunstform quasi, oft allerdings auch von Bands vernachlässigt. Da machen es sich manche eben gar leicht, wenn Led Zeppelin einfach mal drei Alben nach sich benennen oder Green Day allzu oft sehr wortkarg verbleiben. Es geht natürlich auch anders und hin und wieder hat man schon das Gefühl, zumindest 80% der Arbeit wären in die Titelauswahl gegangen. In solchen Fällen wird dann konspiriert über die Bedeutung für die LP, die richtige Passform und den richtigen Klang. Und das kann schon mal zu eigenen Epen werden, so wie bei T. Rex-Album "My People Were Fair and Had Sky in Their Hair... But Now They're Content to Wear Stars on Their Brows". Der Großteil landet in der Mitte, belästigt einen nicht weiter, überzeugt mal mehr, mal weniger. Wenn man allerdings titeltechnisch so daneben haut wie Limp Bizkit, dann wird's mühsam. Die Musik ist da nicht anders.

 

Überraschendes Staunen wird sich da wohl allerorts in Grenzen halten, denn mit dem Bandnamen verbindet man schon einmal eher keine wirklich heimeligen Gefühle. Die Verbindung zu einem starken Gitarristen, der es irgendwie geschafft hat selbstverliebten Nu-Metal gut klingen zu lassen, ist schneller hergestellt. Es ist tatsächlich oft genug Wes Borlands Verdienst gewesen, dass aus den Songs auf dem Vorgänger einiges rauszuquetschen war, für das es sich gelohnt hat. Wenn man dann das unnötige Intro hinter sich gebracht hat, erwartet einen im Großen und Ganzen auch der Versuch, genau das zu wiederholen. Tatsächlich sogar mit mehr Soundvarianten und weniger Brechstange. Und doch ist man schnell auf einem verdammt dreckigen Boden der Realität angekommen, denn Hot Dogs einzige Leistung sollte es bleiben, geschlagene 46 Mal das Wort "fuck" unterzubringen. Womit die gähnende inhaltliche Leere, die unser aller Liebling Fred Durst mit exzentrischem, selbstverliebtem Rappen zu füllen versucht, auch hinlänglich belegt wäre, für einen Albumanfang sogar mit ziemlich ungenießbarer Eindeutigkeit.

 

Jetzt ist es so, dass jeder, der schon einmal mit Pop in Berührung gekommen ist, mit einer ambivalenten Einstellung zu Inhalt und Tiefe umzugehen gelernt hat. Deswegen ist das noch nicht der Dramatik größter Kern, auch wenn an Dursts Ego und seiner Poser-Gestalt kein Weg vorbei führt. Tatsächlich lässt sich das nämlich erstklassig ausbügeln, wenn dem ein Riff und Drums wie die von My Generation entgegengestellt werden. Weil die titeltechnische Anbiederung an The Who letztlich auch zeilentechnisch passable Ergebnisse hervorbringt und sich sogar der sonst so hölzerne DJ Lethal mit einem kurzen Scratch-Solo hervortun darf, steht im Endergebnis tatsächlich das beste Nümmerchen, das einem die Band bisher geboten hat. Eine harte ist es und eine recht unmelodiöse, dafür aber mit reichlich Power und Replay-Wert gesegnet.

Auf dem könnte man aufbauen, sollte es auch, tut es aber eher selten. Man komplimentiert diesen Brachial-Ausbruch aber immerhin mit der allseits bekannten Version des M:I-Theme im Song Take A Look Around, einer gelungenen Mischung aus den spröden, präzisen Gitarrenzupfern plus pulsierendem Bass, verdammt effektiven Riffwänden im lauten Refrain und einer starken Drum-Bridge als Sahnehäubchen. Nicht ganz so rosig, wie's klingt, aber immerhin mehr als brauchbar. Ähnlich wie das balladesque It'll Be OK, das den hallenden, glattpolierten Gitarrensound am besten inhaliert hat und die wohl einzigen wirklich zu goutierenden Textfragmente der LP abwirft, auch weil sich die zugegeben alte Trennungsheulerei positiv auf Dursts Performance am Mikro auswirkt.

 

Überhaupt dürften die geradlinigen Momente mit vorhersehbaren Härte-Exzessen zwischendurch die sicherste Addresse für starke Minuten hier sein. Andernorts macht man sich auf merkwürdige Art Striche durch die eigene Rechnung. Warum zum Beispiel die ohnehin eher pseudo-atmosphärische Nummer The One nach mäßigen, tatsächlich mit Romantik getränkten Minuten voll von kaum wirksamen Riffs auch noch mit dem nutzlosen, beatunterlegten Outro und Dursts nutzlosem Haschen nach Emotion auf Überlange gebracht werden muss, es bleibt rätselhaft. Ähnlich auch die sinnfreien Spielereien zum Ende der Abrechnungstirade Boiler, die zuerst aller Härte beraubt und dann wieder instrumental dem Hip-Hop angenähert auf unmögliche sieben Minuten anwächst. Es erklärt sich noch am ehesten durch die Anflüge klassischen Hip-Hops in der endlosen Rap-Version von Rollin', die sich mit DMX, Method Man und Redman verdammt behäbig anstellt und mit dem miesen Beat schnell nervige Wege einschlägt. Dem Xzibit-Gastspiel in Getcha Groove On geht's dahingehend besser, so wirklich warm wird man trotz der starken Keyboard-Hook mit dem jeder Härte beraubten Sound aber trotzdem nicht. Darf man mal machen, aber die Gitarren hat man schon lieber mit im Gepäck.

 

Was nicht heißen soll, mit Gitarren würde es dann auf einmal so ursuper werden. Dem wurde sowieso schon weiter oben entsagt, das ordentliche, aber dann doch schwierige Rollin' in seiner bekannten Form lässt dann auch die Schwächen rund um den mühsamen Rap-Stil und die grässlichen Lyrics offensichtlich werden. Energetisch ist der Party-Track noch allemal, so wirklich packen will er einen mit seiner Banalität aber vielleicht auch wegen der dafür niedrigen Altersobergrenze von ca. 14 Jahren nicht mehr. Ganz langweilig wird's nicht, dafür sorgen aber ohnehin der müde Rocker Full Nelson und vor allem das grausame Outro. Zehn Minuten, vollgestopft mit nutzlosen Sprechbeiträgen u.a. von Ben Stiller und einem tatsächlich auf DREI Minuten gesampelten Lacher. Erklärungen für diese komplett degenerierte Schwachsinnigkeit werden derzeit noch von diversen Wissenschaftlern geprüft.

 

Der Rest bleibt mir überlassen. Ist auch nicht so schwierig, zu einem Gesamturteil zu kommen. Da ist "Chocolate Starfish..." sehr dankbar, wenn es um eindeutige Empfehlungen geht. Diesmal lautet sie, man solle sich doch bitte gerne die Anspiel-Tipps anhören, den Rest aber vielleicht nicht unbedingt. Diese Mischung aus ordentlichen Härteeinlagen, zwiespältigen Anwandlungen versucht emotionaler Atmosphäre und schwieriger Hip-Hop-Exkursion gibt nämlich nicht mehr viel her. Könnte man die Riffs und manchen Beat anderweitig weiterverarbeiten, es könnte reichlich Gutes dabei rausschauen. Doch zusammen mit diesem schauerlichen Gesamtkunstwerk Fred Durst, also dessen Performances und Texten, wird das schwieriger. Trotzdem nicht nur seinetwegen, von einwandfreien Arrangements und wirklich durchdachten Sounds kann hier einfach zu selten die Rede sein. Man hätt's auch einfach bei einer EP belassen können. Aber wer so von sich überzeugt ist, dass er einem Album diesen Titel gibt...

 


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