von Mathias Haden, 16.12.2013
Härterer, aber ebenso unspektakulärer Kommerzpop - die Rechnung geht für die Band aus Leeds nicht ganz auf.
Es kann doch so schnell gehen im Musikbusiness. Gerade noch ein nettes Debüt veröffentlicht, spielt man zwei Jahre später schon in ausverkauften Hallen und lässt eine Hit-Single mit Ohrwurmfaktor auf die Menschheit los, die man zwar temporär verdrängen, niemals aber vergessen kann. Die Rede ist von den Kaiser Chiefs, eine dieser britischen Bands, die 2004/2005 aus dem Nichts auf einmal auf der Bildfläche erschienen und deren Musikstil irgendwo zwischen Indie-Rock und Britpop liegt. Haben die Genrekollegen Bloc Party, Arctic Monkeys oder Franz Ferdinand ihren für Furore sorgenden Einstandsalben beachtliche Nachfolger hinterhergeworfen, gestaltet sich die Angelegenheit für die fünf Jungs aus Leeds schon etwas schwieriger. Klar, die eben genannten Bands wurden für ihre Einstände noch viel mehr Teil des 'Brit-Hypes', während die Kaiser Chiefs ein gutes Album ablieferten und einfach zur rechten Zeit am rechten Fleck bzw. in der richtigen Bewegung waren.
Wer irgendwann 2007 das Radio eingeschaltet hat, dem wird nach wenigen Minuten vermutlich eine lästige, kleine Hymne in Form von Lead-Single Ruby entgegengerauscht sein. Ja, der ist von den Kaiser Chiefs, die bis heute nie wieder an die Erfolge der ersten beiden Alben anknüpfen konnten und mittlerweile am fünften Longplayer tüfteln. Waren die erfolgreichen Singles vom Vorgänger, etwa Modern Way oder I Predict A Riot kurzweilige, poppige Up-Tempo-Rocker mit einer gewissen Cleverness, ist der neue Titel, der innerhalb kürzester Zeit zum erfolgreichsten Hit der Band und einem der meistgespieltesten der Jahre 2007/08 wurde, müdester Kommerzpop. Mit seinen schier endlosen Aaahhhhhh-Aaahhhhhhs im Refrain wird dieser zur Nummer 1-Hymne in jeder Arena, unerträglich ist er dennoch.
Zumindest schlägt nicht alles auf dem Rest der Platte in dieselbe Richtung. Der Grundton ist etwas härter als noch zwei Jahre zuvor. Beste Beispiele hierfür die in der Tracklist früh aufscheinenden Heat Dies Down und The Angry Mob. Beide mit einer angenehmen Dynamik, die auf dem Vorgänger noch gang und gäbe war, und bei letzterem zusätzlich ein starkes Ende. Dazu noch eine gelungene Ballade in Form von Love's Not A Competition (But I'm Winning), einem letzten Aufblitzen gut durchdachten Songwritings, dann hat man im Prinzip schon alles gehört, was man hören wollte.
Dem gegenüber stehen dafür einige Argumente, die Kaiser Chiefs als One-Hit-Wonder abzutun. Den eben erwähnten mehr oder weniger strahlenden Höhepunkten stehen nämlich mit dem härteren, aber ebenso langweiligen My Kind Of Guy und dem repetitiven I Can Do It Without You ungute Minuten entgegen. Ein Übermaß an Originalität stellen diese beiden jedenfalls nicht dar, hat man doch alles schon zwei Jahre zuvor bereits in besserem Format vernommen. Vor allem Zeilen wie:
"You're my kind of guy
'Cos I like your style
And you sound as horrible as me
And I don't mind
If you're unkind
You're reminding me of me"
müssen wirklich nicht sein.
Employment war mit seiner optimistischen, poppigen Art und den einprägsamen Melodien ein angenehmer Gegenpart zu der Garage-Rock- und Post-Punk-angehauchten Indie-Bewegung rund um die oben erwähnten Bands. Dieser Optimismus musste auf Yours Truly, Angry Mob weichen, ebenso wie die frischen Beats, die irgendwie doch neuartig erschienen in einer Musikszene in der man alles schon in irgendeiner Form gesehen hat. Dafür bekam man härtere Gitarrenwände und ein wenig Zynismus gegenüber ernsteren Themen als auf dem lockeren Einstand. Wären die Songs ein wenig besser, könnte man diesen Weg eventuell sogar als Weiterentwicklung kategorisieren, aber Tracks wie Retirement hat die neugewonnene 'Härte' nicht gut getan. Konnte man am Vorgänger außerdem den schmalen Grat zwischen lustiger Unterhaltung und purer Banalität mit einem Song wie Na Na Na Na Naa tatsächlich noch halten, so driftet man mit Ruby oder Highroyds in letztere ab. Die nerven wirklich ungemein.
Nomen est Omen hieß es doch schon im alten Rom. Die jungen Briten scheinen das genau zu wissen, denn mit Everything Is Average Nowadays liefern sie nicht nur einen der kompletteren Songs auf dem neuen Longplayer, sondern die perfekte Beschreibung für das Gesamtbild des Werkes. Fast schon entschuldigend klingt Sänger Ricky Wilson und rechtfertigt sich mit diesem Track für die doch mäßige Qualität der Platte. Leider verfehlen die Herrschaften aus Leeds sogar den Durchschnitt recht deutlich. Immer mal wieder blitzt zwar vereinzelt durch, warum man sich auf ein neues Album dieser Gruppe gefreut haben könnte. Manche Lieder machen sogar Spaß, auch wenn sie wie Heat Dies Down auf Dauer ein bisschen eintönig klingen, aber auf die gesamte Länge reicht das natürlich nicht.
Man kann nicht von jeder Gruppe erwarten, ewig konstant gute Musik zu fabrizieren. Warum musste aber der Nachfolger vom unterhaltenden Employment so zerfahren werden? Von dem 'Angry Mob', den man vielleicht erwartet hat, ist nicht allzu viel zu sehen bzw. zu hören. Das einzige was dem gerecht werden könnte, ist die entgeisterte Fanbase, die sich nach einem abwechslungsreichen, in erfrischender Euphorie getränkten Debütalbum einiges mehr erwarten durfte als einen billigen Abklatsch.
Anspiel-Tipps: