Man präsentiert die eigenen E-Sides und manifestiert damit Ideenmangel und Humorlosigkeit.
Es gibt sie, diese Bands, bei denen man nicht so genau weiß, was man denn jetzt über sie sagen soll. Also eigentlich gibt's die wie Sand am Meer, hauptsächlich sind es all jene, die einem genüsslichst egal sind. Aber auch bei Interpreten, die grundsätzlich Interesse wecken, ist man manchmal mit den Worten am Ende, geht es an die Qualitätsbestimmung. Zwischen Sympathie und musikalischer Fragwürdigkeit oder eben dem Gegenteil steckt man dann und ist beinahe ratlos. Während sich in der Gegenteil-Fraktion die White Stripes oder "Weezer neu" einfinden, hat Österreichs zum Pop-Kult gewordene Humor-Rumpelkapelle ihr Plätzchen dort, wo sich Welten zwischen Wohlwollen und wirklicher Qualität auftun. Die Genialität spricht selten aus den Steirern, schon gar nicht auf Albumlänge und erst recht nicht in den 90ern. Das war nicht ihr Jahrzehnt. Aber Klassiker gab's immer wieder. Songs für die Ewigkeit, die alle mit Erziehung, die eines Österreichers würdig ist, gefälligst bis zum Todestag auswendig können sollten. Oh, um "Watumba" geht's. Ja, da ist keiner davon drauf.
Die Rechnung, die dieses Ergebnis gebiert, ist eine relativ einfache: Künstlerische Schwächephase + auf LP gebannte Resteverwertung = ungut. Eberhartinger, Spitzer & Co. haben zwar immer noch quasi ein B-Sides-Album als bestes Werk dastehen, doch 1991 brachte man kein zweites "À La Carte" heraus. Stattdessen ist es die müdeste, klischeebehaftetste und innovationsloseste Arbeit, die man noch für einige Zeit fabrizieren sollte. Mehr denn je sind diese zehn Songs nur alte Hits, die man durch die Wiederaufbereitungsanlage gejagt hat, ohne ihnen dabei wirklichen Wortwitz oder frische musikalische Impulse einzuimpfen.
Beispiele dafür gibt es genug, eine Leadsingle wie Jambo spricht aber schon Bände. Ein Song über Sextourismus, das gab es doch schon mal? Ja, genau ein Jahr vorher, war auch zufällig eine Single und hieß Samurai. Dass man sich musikalisch dann noch zwischen Afrika und An Der Copacabana, ihres Zeichens ebenfalls Chartbreaker aus dem Eigenbau, hinsetzt und nicht mehr wieder aufsteht, ist folgerichtig und lahm zugleich. Bedenklich aus persönlicher Sicht ist es eher, dass der Track trotzdem halbwegs funktioniert, weil er schlicht den pointierten Ton der besten Tage unverändert zur Schau stellt und auch ohne erkennbare klangliche Finessen zumindest die Pop-Basics eingängiger Leichtigkeit und guter Rhythm Section hinbekommt.
Doch was, wenn auch das weg ist? Dann passiert Die UFOs Kommen... oder Hildegard... oder Dudelsack-Dudu. Auf den ersten beiden spielt man sich so sehr mit ausgelutschten Themen, dass wirklich nur mehr die größten Nostalgiker zufrieden sein könnten. Heuchlerisch-peinliche Liebe hatten wir schon, zu oft. Und wenn selbst ich einmal sage, dass ein Song über die eklatanten Schwächen alkoholbejahender Menschen unnütz ist, dann heißt das schon was. Aus der Band spricht dabei durchgehend eine lähmende Langeweile, ein Desinteresse an Dynamik, erfrischenden Melodien oder der leisesten Soundveränderung. Es sind immer noch die typischen 80er-Keys und genauso in dieser Ära gefangenen, abgehackt-knorrigen Drums, die alles prägen. Von Thomas Spitzers Gitarre ist weniger denn je zu merken, stattdessen regieren schläfrige Background-Vocals, miese Soundeffekte, die es selbst im besten Fall nur zur Trompeten-Imitation bringen, und äußerst schwachbrüstige Beats. Den Tiefpunkt markiert dabei - wer hätte es bei dem Titel gedacht? - Dudelsack-Dudu. Es sind diese Momente, die es beinahe rechtfertigen, die EAV als Klamauk-Band zu bezeichnen, die doch bitte nur in Mainz oder Villach bei den einschlägig mühsamen Faschingsveranstaltungen gespielt werden sollte.
Man versucht sich schon zu retten aus diesem lethargischen Schwächeanfall, vor allem Livemitschnitte sollen offensichtlich für Energie und Frische sorgen. Gelingt nicht. So gar nicht. Schon überhaupt nicht mit den altbekannt schwächlichen Skits, aber ebenso nicht mit banalen Routineübungen wie Erzherzog Jörgerl oder der finalen Alk-Parade. Haider-Kritik sollte sich eigentlich leicht machen lassen, der Mann bietet ja genug Angriffsfläche. Doch das politische Statement wird zur eher billigen Nummer, die zwar beschränkt auf die Ziehharmonika ganz ordentlich klingt, aber beim so wichtigen Text wenig vorweisen kann, was zu loben wäre. Wie auch der Gesang wenig hergibt, kommt er doch nicht von Eberhartinger, sondern vom recht charakterlosen Organ von Andreas Töfferl. Der kann jetzt auch nicht so viel weniger machen, als Eberhartinger rundum leistet, doch er ist besser aufgehoben, macht man ihn ihm Closer zum Heino-Parodisten. Dort passt kurz einiges zusammen, das organischere Soundgewand, die Stimme, die zumindest gut eingepassten Zeilen. Bombardiert wird das von der schwachsinnigen Elton John-Parodie drumherum, aber an große Abstriche gewöhnt man sich bei diesem Album.
Nur einmal muss man sie tatsächlich weniger hinnehmen. Und man erkennt die Ausnahmestellung des Albums bereits daran, dass der beste Moment ein ernster, kein humoristischer ist. Neandertal eröffnet und trotz ausbaufähigem musikalischem Fundament - man hätte mehr machen können als die Minimalistenvorstellung an Keys, Bass und Drums - erkennt man so etwas wie Atmosphäre und lyrische Qualität in dem, was zur reichlich seichten, aber immerhin nicht ganz unrichtigen Gesellschaftskritik wird:
"Seit Menschengedenken wird aufgebaut,
Damit man's nachher wieder niederhaut
Aus Blut und Schutt und nach jedem Krieg
Die Wirtschaft wie Phönix aus der Asche stieg
Humanismus und menschliche Ethik
Bringen keine Kohle, darum hammas auch nicht nötig
Sokrates, Plato, Hegel und Kant
Waren an der Börse nie genannt"
Doch was bedeutet diese Singularität? Eigentlich nur eines, nämlich dass die LP allen voran von einer beeindruckenden humoristischen Leere gekennzeichnet ist. Man kann schon noch ein bisschen suchen und wird in Der Würger und Inspektor Tatü ordentliche Übungen finden, die zwar langatmig sind, aber phasenweise mit Zeilen punkten, die man mit eingerechneter Grundsympathie durchaus mögen kann:
"Ich sag zum Herrn Inspektor:
'Sie kommen mir erregt vor,
ich weiß nicht was sie woll'n
wos brauch ich Koks, ich heiz' mit Kohlen!'"
Ist schön, naja, passabel. Aber braucht's irgendwer? Eigentlich nicht. Die EAV hatte schon damals einen Songkanon, der "Watumba" entbehrlich gemacht hat, heute ist das dank ein paar großartiger Ausreißer noch umso eher der Fall. Was die Österreicher fast immer schon waren und sind, ist eine Best-Of-Band, die jedes Mal wieder für ein, zwei Tracks Platz hatte, die man sicher nicht missen möchte. Für Qualität im Albumumfang hat es seit Mitte der 80er eigentlich nicht mehr gereicht. Dieses Album kommt aber nicht einmal so weit, wirklich eine durchwachsene Playlist zu bieten. Stattdessen ist das hier umfassende Langeweile in allzu alten Gewändern, die dank des gehobenen Anfangs nur etwas verspätet einsetzt. Von Klassikern keine Spur. Also nichts zum Auswendiglernen für alle wohlerzogenen Österreicher, aber man kann ja ruhig Das Leben Das Ist Kurz, Wir Jetten oder Burli noch mal durchgehen. Nur zur Sicherheit.