EAV - Amore XL

  

Amore XL

 

EAV

Veröffentlichungsdatum: 12.10.2007

 

Rating: 2.5 / 10

von Mathias Haden, 01.12.2016


Den österreichischen Spaß-Pop-Rockern steht der späte Zugang zur Ernsthaftigkeit kein bisschen.

 

Es ist nie zu spät, sich zu ändern, neue Pfade zu beschreiten. Ein Motto, das sich die meisten Leute zu Herzen nehmen sollten, bevor es dann tatsächlich zu spät ist und man es sich in seinem holzigen Kasten sechs Fuß unter der Erde bequem macht. Ist natürlich einfacher, alle äußeren Einflüsse zu ignorieren und sich der Routine vollends hinzugeben - die meisten Menschen merken das ja ohnehin nicht, würden sich auch von dieser Ansprache nicht betroffen fühlen. Immerhin gibt es ja das Wochenende als Ausgleich zum Arbeits- oder Couchalltag. Auch die anstrengenden Österreicher der Ersten Allgemeinen Verunsicherung waren lange Zeit in ihrem kindisch scherzhaften Programm festgefahren und resistent gegenüber jeglicher Form der Ernsthaftigkeit - auch wenn sich unter und neben dem ganzen Geblödel selbstverständlich auch bedeutungsschwere Thematiken verbargen. Und plötzlich, exakt 30 Jahre nach der Formierung der Band, ist da plötzlich Amore XL, immerhin schon das dreizehnte Album, da. Plötzlich halten sich juveniler Quatsch und Zeigefinger-Humorlosigkeit die Waage. Ob dieses Experiment gut geht?

 

Kein bisschen. Wirklich nicht. Was prinzipiell nicht an dieser Aufteilung liegt, sondern daran, dass Eberhartinger und Konsorten anno 2007 längst über dem Zenit, in Geschmacksfragen kaum mehr zurechnungsfähig sind. Anders kann man nicht erklären, dass sich die gute Message von Dann & Wann nicht nur zu biederen Textfetzen ("Dann und wann, dann und wann, liebt ein Mann einen Mann!/ Dann und wann, dann und wann, dann und wann / Ganz genau, ganz genauso ist es auch bei Frau / Schön, dass es sowas gibt, alles besser als niemals geliebt!") sondern im vollkommen unpassenden Metal-Gewand samt grausigen Gitarrensolo am Ende entfalten muss. Die Liste an Missetaten ist auf der 20 Stücke fassenden LP unglaublich lang, fängt im Prinzip schon bei seinen fünf Rinderlein-Skits, die auf insgesamt knapp zwei Minuten der Zoophilie ein kritisches Ständchen bereiten, an. Eines der größten Verbrechen ist allerdings Panga Panga, welches wiederum als Aufruf gegen Sexismus fungieren sollte, mit Eberhartingers humorlosen Gesang, der zwischen düsteren afrikanischen Rhythmen und Vocals "Take your Panga, Panga, Panga / beschneide deine Frau!" fordert, aber mehr als nur äußerst skurril ausfällt. Wäre auch halb so wild, würden die lustigen Stücke auf Amore XL tatsächlich ein Fünkchen Witz versprühen, würden die halbwitzigen, dem Konzept des Albums frönenden Liebessongs nicht ganz so kitschig ausfallen. Für dich... und der Titeltrack bieten zwar einigermaßen erträglichen Pop-Rock, sind textlich aber kaum auszuhalten. Viel schlimmer ist freilich Herz gestohlen, das vor Kitsch nicht nur trieft, sondern auch die schlechteste Seite von Thomas Spitzer als Sänger des verzerrten Refrains heraufbeschwört.

 

Wer dennoch bis zum Schluss durchhält und den grausigen Elektro-Hard-Rock von Nagelbett überwinden kann, wird noch mit etwas belohnt, das unter diesen Umständen als Schmankerl durchgeht. Mei Herrlich zeigt die Band nämlich wieder von ihrer angenehmen, süffisanten Seite. Die Geschichte, von Eberhartinger aus der Ich-Perspektive geschildert, vom unerträglichen Protagonisten, der seine größten Freuden daraus bezieht, seine Mitmenschen dabei zu beobachten, wie ihnen Missgeschicke passieren, kennt man ja von sich selbst am besten. Zwar kommt am Ende, als sich das Blatt schließlich wendet, ein wenig zu sehr die Moral durch, doch reicht das in Verbindung mit dem zurückgelehnten Reggae-Rhythmus, um für drei der besten Minuten der LP zu sorgen. Der zweite Lichtblick vor dem Ende, so obszön das in Anbetracht der Nummer klingen mag, ist das musikalisch waghalsige, Flamenco-affine Matador, das auf eine durchaus angenehme Art und Weise skurril anmutet. Und immerhin gibt es auf der ersten Hälfte von Amore XL ja noch seinen besten Track. Dass Ein Freund trotz hübscher Klaviermelodie, songdienlichem Saxophon und dem brauchbarsten Text (selbst das Furzgeräusch in der ersten Strophe sei verziehen) das Kraut nicht annähernd fett machen kann, ist klar, trotzdem soll die Reputation von diesem späten Highlight nicht darunter leiden.

 

Ändert gleichwohl nichts daran, dass das dreizehnte Album der Spaß-Pop-Rocker eine riesige Geld- und Zeitverschwendung ist, wenn im Jahr 2007 auch nicht unbedingt gleichermaßen enttäuschend. Die bierernste Seite steht Eberhartinger und Co. ebenso wenig wie Metal oder afrikanische World Music, fördert überwiegend bedenkliche Ergebnisse zutage. Und wenn dann selbst auf der spaßigen Ebene wenig zusammenläuft, bleibt nicht viel mehr übrig, als eine entsprechende Wertung heranzuziehen und der EAV vielleicht den endgültigen Rücktritt nahezulegen. Obwohl... solang es noch Spaß macht, nur zu, wieso nicht. Vielleicht reicht es ja auch einfach, meinen einleitenden Ratschlag zu ignorieren und ewig das zu machen, was man am besten kann: Rumkaspern.

 

Anspiel-Tipps:

- Ein Freund

- Mei Herrlich


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