von Kristoffer Leitgeb, 22.11.2014
Würg, Kotz, Speib. Willkommen in der Welt des Crunkcore.
Meine Damen und Herren, treten sie näher, kommen sie, kommen sie. Besuchen sie das MusicManiac Kuriositätenkabinett. Hier erwartet sie...nein, keine bärtige Lady, kein zweiköpfiger Hund, auch kein intelligenter FPÖ-Wähler. Wir haben hier extra für sie aus dem fernen Amerika eingeflogen: brokeNCYDE. Aber ich ermahne sie zur Vorsicht, denn diese Monströsität besitzt kein Gefühl, so etwas wie Gnade ist ihr nicht gegeben. Viele Menschen wurden verletzt, als sie ihr und ihren Ausscheidungsprodukten - ein Wissenschaftler benannte sie noch kurz vor dem Abflug fälschlicherweise als Musik - zu nahe kamen. Also, Vorhang auf für die außergewöhnliche Sensation des Jahres 2009, die mit ihrer ersten Veröffentlichung als erfolgreichster Vertreter einer bis dahin unbekannten Spezies - der noch immer kleinen Gruppe der gemeinen Crunkcore-Idioten - aus dem Schatten trat. Zum Leidwesen vieler, der Belustigung anderer und als eines der größten Mysterien der Moderne.
Zurück von meinem Auftritt als verstaubter Zirkuseinpeitscher muss gesagt werden, dass dieses Quartett tatsächlich bis auf Platz 86 der US-Charts vorstieß und auch nur deswegen so unglaublich viele schiefe Blicke, vernichtende Urteile und schallendes Gelächter erntete. Als aufstrebende Macht unter den heimischen Musikkritikern muss somit auch auf MusicManiac als Zeichen der Integrität ein bisschen auf dem Debüt der Band herumgetreten werden. Gleich vorweg, aus dem hämischen Gelächter wird eigentlich nichts, viel zu schmerzhaft ist der Besuch in der undurchschaubar verqueren Welt hinter brokeNCYDE. Das Rezept für das hochgiftige Gemisch lautet wie folgt: Man hole sich einen untalentierten DJ, der erfolglos versucht, so etwas wie Melodien aus Synthesizern und Computer zu holen. Zusätzlich braucht es einen unfähigen Sänger, der sich durch Auto-Tune über Wasser zu halten versucht, und zumindest einen Dritten im Bunde, der 90% der Zeit in kolossal grässliches Geschrei aus dem Screamo-Eck tränkt.
Dementsprechend dürftig fällt die Suche nach Material aus, das auch nur im Entferntesten guten Minuten ähneln könnte. Es warten bedenkliche Songtitel wie Booty Call, Poppin oder Sex Toy (mit der wertvollen Zeile "You make my peepee hard", ungelogen), die bereits die thematische Marschrichtung vorgeben. Dafür, dass irgendwelche Kids dieses Ding mögen sollen, ist es schon bemerkenswert wie viel Sex, Alkohol und Gewalt sich in den Songs verbergen. In noch höherem Maße bedenklich. Da weiß man dann schon gar nicht mehr, ist es jetzt besser einen Track in Screams zu ertränken und ihn unhörbar zu machen oder doch textliche Finessen aufzuschnappen und damit das Fremdschäm-o-meter bedenklich in den roten Bereich ausschlagen zu lassen. Diese Frage könnte, wenn überhaupt, wohl nur das Orakel zu Delphi beantworten und mit dessen kryptischen Aussagen ist ja bekanntlich wenig anzufangen. Auch deswegen widmen wir uns beidem.
Der wirklich schmerzhaft ohrenbetäubende Schreihals der Band tobt sich mitunter in den Tracks FreaXXX, Schitzo und allen voran der Leadsingle Get Crunk!, ihres Zeichens heimliche Hymne des Genres, aus. Beschreibungen fallen schwer, denn obwohl er in fast allen Songs sein Plätzchen hat, bedeutet seine Hauptrolle in diesem Fall, dass wirklich von Beginn bis Ende ins Mikro gekreischt wird. Vor allem die Single tut sich da mit stechendem Druck auf den Ohren hervor und verlangt nach ungefähr 10 Sekunden nach einem sofortigen Wiedergabestopp. Gibt man diesem Drang nicht nach, merkt man doch, dass der Mann Ausdauer hat und noch dazu von - und das ist exorbitant bemerkenswert - zumindest genauso schlimmen Growls unterstützt wird. Die berühmte quietschende Kreide, sie wäre eine mildere Beschallung.
Etwas öfter versucht man sich aber doch daran, eine kleine Erinnerung an die Hip-Hop-Einflüsse zu gestalten, indem man dann einen der Kollegen eben ein bisschen rappen lässt, vielleicht noch einen Gast auf den Track stopft. Da soll nicht zu viel über Flow oder Ähnliches hergezogen werden, denn in Wahrheit ist davon erstens keine Spur und zweitens interessiert es bei der beschissenen Musik auch keinen. Viel mehr machen wir das, was wir in solch einem Fall zur Belustigung immer machen, wir kramen ein bisschen in den Texten herum. Stellt sich die Frage, ob solcherlei wirklich hier gepostet werden sollte, andererseits sollte einem so etwas nicht vorenthalten werden. Die Auswahl fällt naturgemäß schwer, aber eine Top 3 lässt sich tatsächlich irgendwie zusammenstellen:
3.
"My new wallet is fat
Maseratti's models want me
Cause I rap like i'm black
Fo shizzle nizzle
I got these bitches all up on my sack
They're all invited to a sold out show in my pants (let's go)"
2.
"I'll make you lick my magic stick
You can lick my lollipop, my lollipop, my la-la-lollipop
Now make it drop, too drunk to stop
Excuse me if I touch your crotch
Cause I'm drunk right now and my dick is bored
'Cause I can't meet chicks at the liquor store"
1.
"Now you drop that ass like your in detention
Sit down girl, just shut up and sit
Before i make you suck my...
Omg, you thought i'd say dick
But i wont say dick till you touch my dick
So get on your knee's suck it bitch
Bc13 and we run this shit"
Nicht die Norm hier, dass so exzessiv Lyrics bearbeitet werden, aber ehrlich, wer kann es mir verdenken? Ein Traum für jeden, der an die Möglichkeit menschlichen Lebens auch ohne aktive Hirnbeteiligung glaubt, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit es zu veröffentlichen. Der Verweis auf ein Licht am Ende des Tunnels fällt aufgrund der Abwesenheit von ebendiesem aus, selbst der einzige als Dance-Track halbwegs taugliche Moment, Tipsy, ist nämlich für die meisten wohl noch immer ein Schäuferl zu viel infinite Blödheit in gerade fünf Minuten.
Also, beschissener geht's echt nicht. Die Frage nach dem Warum lass ich, die nach dem Wieso lieber auch gleich, erfahrungsgemäß ist das Ergebnis sehr ähnlich. Bringt man sich kurz in Erinnerung, dass diese LP doch tatsächlich in den Top 100 der bedeutendsten Charts dieses Planeten war, bleibt trotz allem übrig, dass das Licht, das auf die Käufer fällt, tatsächlich noch etwas schlechter ist als das, das die Band abbekommt. Zu scherzen gibt's eigentlich wenig, denn hier wird diese Linie, die 'so scheiße, dass es schon wieder lustig ist' und 'AAAAAAAAAAAAAAAHHHHHH' fein säuberlich voneinander trennt, mit Füßen getreten und so weit hinter sich gelassen, dass es wirklich mitunter schmerzhaft wird. Werfen wir also noch einmal einen Blick zurück ins Kuriositätenkabinett:
Sie sehen also, meine wertesten Damen und Herren, was ihnen heute hier bereitet wurde, war nicht etwa der gewöhnliche Streifzug durch die Unwelten, die die Natur hier und da kreiert, nein. Es war viel mehr. Sie durften hier einen Blick erhaschen auf eine solch abscheuliche Grässlichkeit, dass selbst den Tapfersten unter uns der Angstschweiß auf der Stirn und das letzte Mahl in der Speiseröhre steht. In diesem Sinne, nehmen sie nicht nur die einmalige Erfahrung mit als abenteuerliche Erzählung für ihre Bekannten, behalten sie diesen Besuch auch als mahnendes Beispiel, was auf diesem Planeten möglich ist. Damit verbeuge ich mich und entlasse sie wieder in die Freiheit.
Anspiel-Tipps:
-
-