Babyshambles - Sequel To The Prequel

 

Sequel To The Prequel

 

Babyshambles

Veröffentlichungsdatum: 03.09.2013

 

Rating: 7 / 10

von Mathias Haden, 23.08.2014


Das farbenfrohe Album nach der Depression - nur keine Furcht!

 

Was sind schon sechs Jahre? Nur knapp zweitausend Tage, wirklich viel passiert in diesem überschaubaren Zeitraum wohl nicht. Besonders im Musikbusiness, da geht es mittlerweile sehr geruhsam zu. Die Zeiten, als man als Beatle in 7-8 Jahren elf Alben plus Extras zusammen hatte, oder als Fairport Conventioner drei Stück in einem Jahr rausgehauen hat, ja, die sind wohl endgültig vorbei. Der Otto-Normalkünstler heißt heute Peter Doherty, zieht sich gelegentlich einen Joint rein, sagt bei guter Stimmung eventuell ein Konzert nicht ab und widmet sich in den motiviertesten Momenten mal seinem Albumkatalog. Seit der letzten Babyshambles-LP Shotter’s Nation sind sechs Jahre ins Land gezogen, in denen es Kollege Doherty auf ein stattliches Soloalbum und über den Daumen gerechnet vermutlich ein Dutzend Gigs gebracht hat.

 

Das Warten hat ein Ende, verbreitet die frohe Kunde! Nicht schlecht staunte ich jedenfalls, als im Juli mit Nothing Comes To Nothing die Lead-Single und die erste Veröffentlichung seit gefühlten Ewigkeiten durch die Musiksender zischte. Auch, weil die Zeit offenbar einige Wunden zu heilen vermochte, aus dem depressiven Peter vom zweiten Longplayer ein softer Sunnyboy wurde. Und man kann Doherty ja viel vorwerfen, aber sein Talent als Musiker und Songwriter stand freilich nie zur Debatte.

Zurück zur Lead-Single. Hübsche Melodie und eingängige Hook, die sofort den Weg ins Ohr finden: Mehr als einen simplen Pop-Song hat es eigentlich nicht gebraucht, um den Typen und seine Kompagnons - vor allem aber den Typen - wieder ins Herz zu schließen. Dann kam schließlich der September und Album Nummer 3, Sequel To The Prequel, stand im Laden.

 

Ein Blick aufs Artwork genügt, um zur Feststellung zu gelangen, 2013 ist alles anders im Lager der Shambles. Statt dem finsteren, schwarzweiß gehaltenen Cover vom Vorgänger wirkt die neue Scheibe in all seiner übertrieben Farbenpracht wie die euphorische Afterparty nach einer jahrelangen, schlussendlich erfolgreich überwundenen Depression.

Dies trifft übrigens auch auf die Musik zu. Ein kunterbunter Mix, dem man das gewohnte Garagenambiente erstmals nicht wirklich anmerkt. Dafür legt die Band mit dem brachialen, vor Energie nur so strotzenden Fireman, einer knackig kurzen Punk-Nummer, die irgendwo zwischen den Libertines und den Sex Pistols liegt, richtig los, hier schreit sich Doherty auch das letzte Fünkchen Frust von der Seele und der Rest zieht mit großem Karacho nach. Mit weit weniger Dynamik, aber ordentlichen Riffs im Gepäck kommt das Quartett auch sonst gut klar. Maybelline ist ein bodenständiger Pop-Song, der Mitsingambitionen weckt, auf Farmer’s Daughter liefert Doherty seine gelungensten Minuten als Sänger, wie er zwischen sanften Strophen und den Ausbrüchen in den Refrains balanciert, lässt den Anschein erwecken, er empfinde wieder Gefallen an seiner Arbeit. Weit mehr Optimismus als je zuvor strahlt auch das beschwingt lockere Fall From Grace, zweite Single, aus, das nebenbei auch noch ein paar starke Lines bereithält:

 

"Look here it comes

Well my head hangs high and my hands are tied

On the horizon there's a little piece of land I spy

Can we go someplace where they know my face?

Gather round and come bear witness to my fall from grace"

 

Gerade die erste Hälfte der LP weiß somit zu gefallen, erhält den Spirit vom kolossalen Opener aufrecht und klaut sich von den üblichen Vorbildern einiges zusammen. Bevor man aber die Korken knallen lassen möchte, für das vermeintliche neue Meisterwerk der Briten, sollte man noch am Ball bleiben und genau hinhören. Mittendrin kommt die Scheibe nämlich vom rechten Pfad ab, verliert sich schließlich und dümpelt in netten, aber wenig bereichernden Ansätzen herum. Stilistische Vielfalt hin, genreübergreifende Virtuosität her, die Ska-Nummer Dr. No hätte es schlicht nicht gebraucht. Abseits von ihrem angenehmen Beat hat die dank schwachsinniger Songzeilen ("There are sharks in the water and the water's deep / Sharks in the water and the water's deep") wenig Erquickendes anzubieten, wirkt in seiner ungemütlichen Obskurität merkwürdig unpassend und schlicht deplatziert. Nicht übermäßig zufriedener stimmt das darauffolgende Penguins, eine langweilige Ode an einen Zoobesuch, bei der ich es bei dieser Beschreibung und weiteren fragwürdigen Zeilen auch belassen möchte: "We could see monkeys, we could see snakes / We could see penguins, penguins are great".

 

Im Endspurt fängt sich das Album wieder, hat mit dem großartigen Picture Me In A Hospital, das auf einer Verletzung des Bassisten Drew McConell basiert und bei dem vor allem der Frontmann und die Streicher einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Man sieht schon, es sind nicht immer die großen Geschichten, die nachhaltige Freude bereiten. So verzeiht man Doherty auch, dass er für keinen der zwölf Tracks das Recht auf einen einsamen Credit innehat.

 

Sequel To The Prequel ist das solide Album geworden, vor dem sich alle Doherty-Aficonados gefürchtet haben und das ihm nach einer derlei langen Pause niemand wohl mehr recht zugetraut hatte. Dabei wirkt gerade der hier überraschend motiviert und positiv gestimmt, seine Kameraden nehmen die Einladung zum fröhlichen Musizieren dankend an. Und auch wenn nicht alles brillant ist, besonders die Texte nicht immer, so macht es auch im Jahre 2013 noch Spaß, dem verrückten Sonderling und seiner Band zu lauschen, genauso wie seine Kritiken so zu schreiben, als würden sie nur von einer einzigen Person handeln.

 


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