von Kristoffer Leitgeb, am 05.07.2014
Biographie
Österreichs Musikwelt ist kein große und dementsprechend ist es auch nicht gerade das leichteste Pflaster für die heimischen Talente. Natürlich, die Konkurrenz stapelt sich nicht wie etwa in Deutschland, Großbritannien oder gar auf der anderen Seite des großen Teichs, dafür bietet hier auch kaum eine Plattform für "good old austrian music" eine wirklich große Reichweite. Ö3 hat sich vor 20 Jahren dem lukrativeren englischsprachigen Markt verschworen, die Privatsender beschränken sich auf Ähnliches oder grasen die Klassiker alter und noch älterer Tage ab und die wenigen Ausnahmen wie FM4 oder GoTV haben Standards, die eben nicht alles hier erreicht. Jemand wie Anna F., geboren in der Steiermark als Anna Wappel, wird da schon mal übersehen.
Oder eben auch nicht. Denn das Internet und die heimischen Banken haben ausgeholfen. Ein Song auf 'dailymotion', ein umsichtiger Mitarbeiter in der Raiffeisen-Werbeabteilung und der Durchbruch mit dem Song Time Stands Still war so ziemlich über Nacht da. Das hatte Vor- und Nachteile. Als erste Popmusikerin seit langem schaffte es Anna F. ohne die Unterstützung von ORF oder Ö3, ohne 'Starmania' oder 'Ö3-Soundcheck' in die Charts, konnte sich frei von Langzeitverträgen auf ihr Debüt zubewegen, musste aber auch mit der Kritik leben, von einem Bankwerbespot zum Erfolg gebracht worden zu sein. Nichtsdestotrotz erhielt die Steirerin noch ohne vollen Longplayer bereits 2009 den Austrian Music Award in der Kategorie Pop, durfte mit Lenny Kravitz auf Europa-Tournee gehen und hatte vor allem die günstige Situation vor sich, das Album "...for real" so ziemlich unter Eigenregie aufzunehmen, sogar auf ihrem eigenen Label zu veröffentlichen. Auf dem marschierte die damals 25-Jährige den Folk Pop-Weg ihres Breakthrough-Songs weiter. Ihr sonniges Gemüt kam in so ziemlich jeder Minute durch und die lockeren Melodien boten die perfekte Bühne für ihre Stimme. Mit Anleihen von Alanis Morissette, Jack Johnson, aber auch Blues-Größen und einer Huldigung an Led Zeppelin-Legende Jimmy Page füllte sie die zwölf Songs aus, bewegte sich dabei aber, wie vielfach kritisiert wurde, oft auf allzu sicherem, äußerst ohrenschonendem Weg den Charts entgegen.
Dort kam sie auch hin, erreichte aus dem Stand Platz 3 in der Heimat - weniger später gab's Gold -, holte sich 2010 gleich noch zwei AMA's und hatte ihre eigene Tour durch Österreich und Deutschland in der Tasche. Diese Tour forderte danach eine kurze Auszeit, in der Anna F. die Hauptrolle im preisgekrönten Film 'Invasion' übernahm, an einer Arte-Doku mitarbeitete und schließlich doch wieder auf die Suche nach neuer Inspiration ging. Lange Monate in den USA, Treffen mit mehr als einem namhaften Pop-Produzenten und die Erkenntnis, dass der "American Way of Life" zumindest für ihre Musik nicht das Beste ist. Also zurück nach Europa, in Berlin niedergelassen und dort LP Nummer 2 aufgenommen. Auf der gräbt die Friedbergerin etwas tiefer in der Trickkiste als auf ihrem Debüt. Der streichelweiche Folk-Pop des Debüts wird abgelöst von einer Vielzahl an verschiedenen Einflüssen, die sie von Up-Tempo-Elektronik-Pop über melancholischen Indie Pop bis zu selbstbewusstem Pop-Rock wie in Leadsingle DNA tragen. Eine störrische Erfahrung, letztlich aber eine Verbesserung auf vielen Ebenen, die ihr wiederum die Gelegenheit für eine Europa-Tour brachte. James Blunt nahm sie mit und prompt fanden sich die LP "King In The Mirror" und DNA auch in den italienischen Charts wieder. Damit hat die bald 29-Jährige Friedbergerin 2014 den nächsten Schritt gemacht, um in Österreich wieder eine erfolgreiche Pop-Sängerin unter die Leute zu bringen.
Wertung: Zu sehr ist die Österreicherin noch Parade-Pop-Sternchen, um wirklich vollends zu überzeugen. Auch deswegen wird vor allem ihr Debüt bei vielen durchfallen, ist es doch in seiner ruhigen Einförmigkeit kein Ausbund an Kreativität. Trotzdem beweist Anna F. auch dort bereits gesangliches und auch musikalisches Talent, das sie mit ihrem zweiten Longplayer noch um Einiges verfeinert hat. Mit ihrer streichelweichen, souligen Stimme und ihrem wenig angriffslustigen, allerdings doch nicht ganz austauschbaren Material kann sie aber dann doch phasenweise sehr gute Eigenwerbung betreiben.
Hörprobe #1: DNA -
Leadsingle der zweiten LP "King In The Mirror"
Hörprobe #2: Too Far -
zweite Single von "King In The Mirror"