AC/DC - Highway To Hell

 

Highway To Hell

 

AC/DC

Veröffentlichungsdatum: 02.08.1979

 

Rating: 8.5 / 10

von Kristoffer Leitgeb, 23.11.2013


Ein großer Beweis dafür, was AC/DC zusammenzimmern können: Hard Rock in seiner dreckigsten, reinsten und wohl auch besten Form.

 

Man kennt das doch. Draußen regnet es, es ist kalt, aber man kann das alles gut erdulden. Denn man sitzt im wohlig warmen Zuhause mit einer Tasse Tee und, wenn man zur präpotenten Klasse des gehobenen Mittelstandes zählt, vielleicht noch einem prasselnden Kaminfeuer vor sich und erreicht den Punkt größtmöglicher Entspannung zu den lieblichen Klängen von...AC/DC??? Na gut, vielleicht die richtige Eröffnung für das falsche Album. AC/DC und Entspannung sind parallele Geraden, treffen sich eigentlich erst irgendwo in der Unendlichkeit. Mit "Highway To Hell" erwartete einen 1979 im Großen und Ganzen das Paradebeispiel dieses Umstandes. Keine ruhige Minute, dafür Hard Rock, so energiegeladen und unterhaltsam wie möglich, ausgestattet mit einem der wohl größten Rock-Gitarristen, die jemals auf diesem Planeten gewandelt sind. Ja, das ist Musik.

 

Dieses Beispiel für musikalisches Talent in Form höchster Saitenzupf-Kunst, das heißt natürlich Angus Young. Insbesondere für den Mann in der Schuluniform kann man die Aussies wirklich beneiden. Viele Gitarristen haben ihre großen Momente, aber wer kommt bei zehn Songs auch auf ebensoviele (selbst Kritiker müssen ihm zumindest sieben zugestehen). Viel weniger werden es wirklich nicht. Denn wo man hier hinblickt, besser vielleicht hinhört, springt einem bereits ein mörderischer Riff entgegen. Im Falle vom allseits bekannten Titeltrack ist es die geniale Stop-and-Go-Variante im Intro, bei Touch Too Much genießt man zusätzlich zur ohnehin starken Arbeit ein Top-Solo und Girls Got Rhythm oder Beating Around The Bush gehören zweifelsohne zu den Songs, die einen die Füße kaum stillhalten lassen. Vieles davon darf sich Angus Young auf seine Erfolgsliste schreiben. Nur im Falle des trägen Love Hungry Man und dem im Endeffekt zu eintönigen Get It Hot darf man vielleicht leichte Kritik anbringen. Sonst gibt's da eigentlich nichts zu bemängeln.

 

Und so gehören ihm schon einige Prozent des Band-Erfolgs. Ja, einige, aber eben nicht alle. Denn da gibt's ja noch den leider viel zu früh verstorbenen Frontmann Bon Scott. Und gerade hier, ein Jahr bevor er wenig rühmlich mit einer Alkoholvergiftung sein Ende fand, liefert er eine großartige Show. Denn auch wenn sein Nachfolger Brian Johnson für den Blues-Sound, den er in die Band hineingebracht hat, oft und zu Recht gelobt wurde, AC/DC mit Scott an vorderster Front ist doch eine andere Geschichte. Als Sänger schon so dermaßen nach Rock-Star zu klingen ist nämlich sicher keine einfache Aufgabe und dann über 40 Minuten das auch mit solch einer Energie zu machen noch viel weniger. Nicht zu vergessen der unscheinbare Rest der Band. Mit Malcolm Young gibt's einen starken Mann an der Rhythm Guitar und dazu eine Rhythm Section, die sich auf eindrucksvolle Art darin übt, im Hintergrund alles richtig zu machen und doch nie ins Rampenlicht zu drängen.

 

So bleibt einem die längste Zeit nicht viel übrig als zu gratulieren. Man findet eigentlich keine Fehler, zumindest die längste Zeit nicht. Nachdem sich Opener Highway To Hell verabschiedet hat, kommt zuerst der treibende Beat von Girls Got Rhythm, dann die schnelle, mit starkem Background-Gesang verfeinerte Nummer Walk All Over You und dann kommt, zur Vervollständigung einer genialen ersten Hälfte, noch das Duo Touch Too Much und Beating Around The Bush auf einen zu. Letzterer schafft es mit seinem genialen Riff, einen sogar den Titeltrack vergessen zu lassen.

 

Dass das alles hier nicht für jedermann ein Genuss ist, versteht sich natürlich von selbst. Denn die fünf Australier sind wandelnde Testosteron-Schleudern, singen von Sex, Bar-Schlägereien und etwas mehr Sex. Das passiert wie im Falle von Touch Too Much die meiste Zeit mit dem bandeigenen Humor ("She had the face of an angel, smiling with sin / A body of Venus with arms"), der wohl auch nicht jedem die Mundwinkel nach oben zieht. Und alles in allem war und ist es noch immer die Gleichförmigkeit, die der Band doch aber über die Jahre zugesetzt hat. Der monotone Sound, den AC/DC zu bieten haben, ist allerdings hier nichts, was zu bemängeln wäre. Lediglich die Texte sind es, die einem bei Track Nummer 10, Night Prowler, der netten Stalker-Story, dann doch irgendwann zu viel werden.

 

Deswegen und auch wegen dem vergleichsweise mäßigen Schluss mit Love Hungry Man und dem zähen Mid-Tempo-Rocker Night Prowler ist "Highway To Hell" dann doch noch ein Stück entfernt von der Perfektion. Trotzdem sind es Rock-Legenden, die ohne Zweifel das Allerbeste aus sich herausholen. So ist das letzte musikalische Vermächtnis von Bon Scott ein großer Beweis dafür, was er mit den Young-Brüdern, Cliff Williams und Phil Rudd zusammenzimmern konnte: Hard Rock in seiner dreckigsten, reinsten und wohl auch besten Form.

 


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