von Kristoffer Leitgeb, am 10.05.2014
Biographie
Punk und Österreich vertragen sich nicht. Etwas umfassender: Punk und das ach so weite Festland Europas vertragen sich nicht. Während nämlich den Norden Amerikas, Australien oder auch Japan schon mehr als eine derartige musikalische Welle erfasst hat, ist der Seegang in unseren Breiten erheblich ruhiger. Doch auch bei solch lebensfeindlichen Umständen gedeiht ab und an etwas. Und wann, wenn nicht um die Jahrtausendwende, dem absoluten Höhepunkt der Pop Punk-Ära, hätten sich die Jungs von 3 Feet Smaller finden können. Vier kleine Österreicher, die den Großen nacheiferten. In diesem Falle, Green Day und blink-182.
Ein schwachsinniger Bandname war bald gefunden und ein für die nächsten Jahre durchaus erfolgreiches Quartett war geboren. Die "Künstlernamen" der Mitglieder stehen dem der Band so nebenbei auch in nichts nach. Der Bandleader und Sänger hört auf Marcus Smaller, der Drummer nannte sich Roberto Franko und an Bass und Gitarre gab's einerseits Georg Zwiebelmayer (in dem Fall dessen echter Name) und den Dipmaster (ja, das stimmt). Aber, und das ist ein verdammt großes, aus den vertrottelten Jugendlichen wurde eine ordentliche Band. Mit den frühen LPs "Damn, We Need A Title For This Record" und "Insert Album Title Here: ..." besetzte die Band eine Lücke in der heimischen Musikwelt. Kraftvoller, wenig nachdenklicher Pop-Punk, das war im Großen und Ganzen die erste Veröffentlichung. Getragen von starken Riffs und einem ordentlich hohen Tempo entstand so mancher Track, der auch auf blink-182's "Dude Ranch" sein Plätzchen haben hätte können. Schnell hatte die Band dank Songs wie Teenage Anthem oder Commercial Radio eine nette Fanbase hinter sich, auch weil zwischendurch das heute unauffindbare Album "What About You, Me And A Horse" online gestellt wurde. Auf dem eigentlichen Album Numero 2 wurde dagegen etwas herumexperimentiert. Es fand sich eine Country-Parodie, ein wenig Ska-Punk und der ein oder andere ernstere Mid-Tempo-Track. Schon damals gehörte die Band schnell zu einer Rock-Größe des Landes, konnte sich vor allem mit One Night Stand in TV und Radio bemerkbar machen und fand auch ohne Unterstützung größerer Medien und fernab des Mainstreams mehr und mehr Anhänger.
Zu verdanken ist und war das der unbändigen Energie ihrer Live-Auftritte, von denen die Band ohnehin Jahr für Jahr unzählige abgespult hat. Diese Energie fand sich gebündelt in "3rd Strike", dessen Leadsingle Let It Out, ein bandeigener Klassiker, zwar noch immer die Pop-Punker in ihnen zeigt, abseits davon kamen die Jungs dem Hardcore Punk aber zeitweise ein ordentliches Stück näher. Härte und Wut regierte auf Punk?, Reason Unknown oder Declared Void. Ein offensichtliches Erfolgsrezept, kam die Platte damit doch sogar in Frankreich und Japan in so manchen Laden. Auf den, vor allem nationalen, Durchbruch folgte eine Pause. Die Band tourte so exzessiv, dass fürs Studio einfach keine Zeit mehr war. Dafür für die Live-LP "Five Years Of Bowling Punk". Die Band wurde mehr und mehr zu Festival-Lieblingen in Österreich, wurde in den Nachbarstaaten zunehmend bekannter und konnte sich zudem über die Nominierung für den Austrian Music Award freuen.
Trotzdem hat es lange gedauert, bis neues Material da war. Die zähe Suche nach einem Label brachte 3 Feet Smaller zu Sony und damit auf die große Bühne. Zumindest war das der Plan als 2009 "December 32nd" unter die Leute kam. Die Realität war etwas ernüchternder. In Österreich schaute mit Platz 7 die erste Chart-Platzierung heraus, Single Tonight schaffte es ebenso dort hinein und die Verkäufe waren hierzulande höher denn je. International war allerdings dank einiger Fehler des Labels wenig zu machen, sodass man zwar in Deutschland weiterhin gern gesehener Festival-Gast blieb, die Charts dafür aber außer Reichweite blieben. Nichtsdestotrotz war die LP wohl der künstlerische Höhepunkt für 3 Feet Smaller, die damals nur mehr als Trio und mit dem neuen Gitarristen The General unterwegs waren. Der harte Sound des Vorgängers wich einem poppigen, aufpolierten Gewand, in dem sich die Band nach allen Regeln austobte. Zum charakteristischen Punk gesellten sich stimmige Klavier-Balladen, humorvoller Country Rock und starker Ska-Punk. Dazu kam die neuerdings sympathisch kernige Stimme von Marcus Smaller und dessen massiv verbesserte Lyrics, früher noch die Achillesferse der Alben.
Und so ging es weiter bergauf. Die Jungs wurden erwachsen, Roberto Franko kennt man mittlerweile auch als Frank Schachinger und die Neuankömmlinge The General und The Reverend heißen im echten
Leben Philip Hörmann bzw. Markus Jürgensen. Lediglich der Bandleader scheint sich wohl wirklich nur mehr als Marcus Smaller zu kennen. Wieder als Quartett stürzte sich die Band in ihre bisher
letzte Platte, das self-titled Album. Dort verschwindet der Pop zu einem guten Teil wieder, der Rock regiert. Smallers Stimme kann mittlerweile der von Chad Kroeger Konkurrenz machen und die
Gitarren sind so hart und 'crunchy' wie nie zuvor. Damit ging's auf Platz 4 der Charts und zur Albumpräsentation aufs Donauinselfest.
Wenig später war das Ende da. 3 Feet Smaller sagten 2011 adieu, allerdings nur kurzzeitig. Mittlerweile haben wir 2014 und Marcus Smaller war äußerst umtriebig, bot mit "Alone &
Acoustic" (→ hineinhören) ganz außertourlich eine LP, versuchte sich
als 17th Boulevard als Elektronik/Rock-Crossover (→ hineinhören) und
bastelte das ruhige Solo-Debüt "Finally Home" (→ hineinhören)
zusammen. Die Band ist aber wieder zurück und arbeitet an LP Nummer 6 und nach Jahren als Rock-Größe des Landes, Live-Garant und tatkräftige Unterstützung für Die Ärzte, The Offspring oder
Flogging Molly, kann man sich wohl darauf freuen.
Wertung: Wer nach die Welt verändernden Neuerungen sucht, ist bei den Wienern naturgemäß an der falschen Stelle. Allerdings haben 3 Feet Smaller eine bemerkenswerte Entwicklung hingelegt, die sie von lustig vor sich hin spielenden Jugendlichen zu einer ernstzunehmenden Punk-Band gemacht hat. So findet man bei 3 Feet Smaller zwar viele Erinnerungsstücke an amerikanische Kollegen der letzten Jahrzehnte, trotzdem aber einen nicht zu leugnenden eigenen Stil, der oft zu gefallen weiß.
Hörprobe #1: Reason Unknown -
zweite Single der LP "3rd Strike"
Hörprobe #2: Tonight -
Leadsingle der LP "December 32nd"