NOFX - Heavy Petting Zoo

 

Heavy Petting Zoo

 

NOFX

Veröffentlichungsdatum: 31.01.1996

 

Rating: 5 / 10

von Kristoffer Leitgeb, 22.05.2014


So viel können die Punk-Veteranen gar nicht ausprobieren, dass sie einen damit nicht doch oft genug langweilen.

 

Mir scheint's, es gibt in Wahrheit fast nur zwei Wege, wie man nach dem kommerziellen Durchbruch weitermachen kann. Entweder, man macht einfach noch einmal das, was beim großen Erfolg so gut geklappt hat. Irgendwie feig und, weil mehr Geld da ist, meistens auch unnatürlich aufgeblasen und mit ziemlich geldgierigem Charakter. Der andere Pfad, der ehrenvollere vielleicht: Man probiert einfach alles, was man die letzten Jahre immer im Kopf hatte, denn nun ist ja das Geld da. Der 'große Durchbruch' für die Kalifornier um Fat Mike war dann aber 1994 ("Punk In Drublic") doch nicht so immens, deswegen gibt's den idealistischen Mittelweg. Ohne schwindelerregende Kosten, dafür aber mit aufpolierter Produktion und so manch neuem Soundspielchen, die die Band nur einen Schritt weiter in Richtung Pop Punk bringem, nicht aber in Richtung musikalischer Güte.

 

Gut, den Idealismus und Mut hinter der LP kann man ihnen nicht ganz absprechen. Das beginnt bei einem für alle denkenden Individuen fragwürdigen Cover und zieht sich auch durch viele der angebotenen 13 Tracks. Das führt dazu, dass zumindest ein Problem des legendären Vorgängers aus dem Weg geräumt scheint. In Monotonie verfällt die Platte nämlich nicht. Es gibt die ruhigsten Minuten der Band, ein wenig Metal, ein wenig Ska und Punk in mehr als einer Ausformung. Nachdem man also ein kurzes Intro in Form des High-Speed-Tracks Hobophobic ertragen hat, wartet mit Philty Phil Philantropist auch schon eine kleinere Überraschung. Ziemlich glatt klingt das Ganze, aber doch auch unterhaltsam. Denn es gibt ein nettes Xylophon-Intro, dem ein starker Ska-Punk-Vibe folgt, der dank der großartigen Bassline und den ordentlich eingespielten Bläsern durchaus ordentlich daherkommt. Dass Fat Mike weiterhin schief durch die Gegend krächzt und seine Texte auf unsympathisch lächerliche Art gewichtige Botschaften bearbeiten, macht einem da gleich viel weniger aus.

 

Und trotzdem wirkt die Band verdammt dazu, nicht aus dem Mittelfeld herauszufinden. Die NOFX-typischen Punksongs Freedom Like A Shopping Cart und The Bleeding Heart Disease, ihres Zeichens merkwürdige Statements zu Obdachlosigkeit und Geldgier, versprühen nicht nur keinen außergewöhnlichen Charme, sie wirken auch kaum dynamisch, irgendwie träge dahergespielt. Da trifft das Album dann auch eine negative Veränderung: Während man nämlich ungleich weniger Probleme damit hat, einzelne Tracks dann auch auseinander zu halten - zwei Jahre vorher noch mühselig und langweilig -, machen das oft niedrigere Tempo, die verbesserte Produktion und die diesmal besser zu identifizierenden Texte die Minuten nicht unbedingt angenehmer. So kommt's, dass einem ein schwachsinniger Song wie Liza, Teil der Liza & Louise-Trilogie der Band, als Erfahrungsbericht einer Nymphomanin sehr wenig gibt. Ähnlich ergeht's dem merkwürdigen Love Story, einem der wenigen wirklich ernsten Momente der Band, der einen aber lange Zeit in seiner ruhigen, eintönigen Art einschläfert, nur um mit einem deplatzierten Gewaltausbruch gegen Ende noch weniger sympathisch aufzufallen.

 

Während das aber die einzigen wirklichen Ausrutscher sind, ist es viel mehr der Mangel an Material, das in die Gegenrichtung marschiert. Lediglich The Black And White und mit Abstrichen August 8th und Hot Dog In A Hallway kommen noch lebendig und einigermaßen interessant rüber. Ersterer ist aber mit seinem Metal-Intro, das kurz mehr erwarten lässt als einen NOFX-Song, den kraftvollen, starken Drums und dem guten Riff, ja, sogar mit wirklich guten Zeilen eine der besten Nummern, die ich von ihnen kenne. "Little choices in a little town / Maybe a little man is right to be afraid / Biblic moralization, identity frustration / Confused man cannot follow his heart" heißt's da und wer hier keine lyrische Offenbarung erkennt, dem tische ich als Gegenpol den Schwachsinn aus What's The Matter With Kids Today? auf: "They're never late, don't smoke or break rules / They eat right, study hard and like school / There's something wrong / With the kids in my neighborhood." See the difference?

Bei den übrigen beiden geht's in trivialere Gefilde. Einerseits ein Anti-Hippie-Track, der mit seinem Akustik-Gitarren-Beginn aber einige Punkte sammelt und spätestens mit den letzten Zeilen auch einen Lacher bereithält. Andererseits haben wir den Song über die voluminöse Geliebte und deren täglichen Essensplan. Fans der Ärzte kennen es in härterer und besserer Form als Elke, hier gibt's eine etwas eintönige Parodie handelsüblicher Folk-Lovesongs, die einen aber insbesondere wegen Fat Mike's Gesangsdarbietung zum Schmunzeln bringen kann .

 

Der Rest, mittlerweile reduziert auf drei, vier Songs, ist aber alles in allem symptomatisch für diese Band. Es sind wenig überraschende oder fantasievolle, mittelmäßig klingende Punktracks. Ab und an trifft das Quartett schon ins Ziel, aber viel zu selten, um ein rühmliches Beispiel für andere abzugeben. Einen aggressiven Volltreffer wie Lori Meyers von "Punk In Drublic" sucht man diesmal ohnehin vergeblich und auch wenn einem ab und an die Mundwinkel nach oben gezogen werden, ganz egal, ob es wegen musikalischer Gustostückerl oder lustiger Zeilen passiert, läuft das Album fast unweigerlich ziemlich an einem vorbei.

 

Naja, NOFX eben, möchte man sagen. So ganz stimmt das dann aber doch nicht. Man wird die Vermutung nicht so ganz los, die Jungs hätten mehr in sich. Jahre später haben sie es ja mit "The War On Errorism" teilweise bewiesen, dass sie mehr können. 1996 scheint aber irgendwie business as usual angesagt zu sein und auch wenn man über so manche musikalische Neuerungen im Bandspektrum stößt, ändert sich insgesamt doch wenig. Fat Mike & Co können hier letztlich doch probieren, was sie wollen. Viel mehr als langweilen können sie einen damit kaum einmal.

 


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